Eine ehemalige Bedienstete berichtet Sherlock Holmes von seltsamen Vorkommnissen im Haushalt ihres ehemaligen Arbeitgebers. Welches Geheimnis verbirgt sich hinter den Mauern des abgelegenen Anwesens am Stadtrand Londons?
Ein neuer Klient macht Sherlock Holmes seine Aufwartung in der Baker Street 221b. Die Köchin Patsy Payton wendet sich mit einer beunruhigenden Geschichte an Londons größten Detektiv und bittet um seine Hilfe. Im Haushalt ihres ehemaligen Arbeitgebers, eines Orchideenzüchters mit italienischen Wurzeln, wurde sie Zeuge einiger mysteriöser Vorkommnisse. Tatsächlich erwecken die Schilderungen der jungen Frau das Interesse des Privatdetektivs. Keiner der Angestellten bleibt länger als ein Jahr in den Diensten von Doktor Maltrevers.
Ein an das Haus grenzender Turm ist für die Dienerschaft absolutes Tabu und darf nicht betreten werden. Bei Zuwiderhandlung droht die sofortige Entlassung. Außerdem wurde Miss Payton grundsätzlich dazu angehalten, für eine Person mehr zu kochen als sich tatsächlich auf dem Anwesen aufhalten. Als wenn das noch nicht genug wäre, ranken sich einige merkwürdige Geschichten um das abgelegene Haus und seine Umgebung. Sherlock Holmes beschließt Licht ins Dunkel zu bringen und zu erforschen, was sich tatsächlich hinter den düsteren Mauern des Hauses von Doktor Maltrevers verbirgt. Um ans Ziel zu gelangen, greift die Londoner Spürnase zu einem raffinierten aber auch außerordentlichen Trick.
Das vorliegende Hörspiel beruht auf einer Kurzgeschichte des deutschen Autors Klaus-Peter Walter und erschien in der Anthologie "Sherlock Holmes und das ungelöste Rätsel". Für den Einstieg in die Ermittlungen wurde ein klassisches Motiv aus dem Kanon von Arthur Conan Doyle gewählt. Immer wieder einmal wenden sich Angestellte mit seltsamen Geschichten und Vorkommnissen aus dem Umfeld ihrer Arbeitgeber an den bekannten Detektiv aus der Baker Street. Auch im vorliegenden Fall versprechen die Ereignisse im Haus des exentrischen Doktors Maltrevers eine spannende Geschichte. Die Beobachtungen der jungen Frau ziehen den Hörer direkt in ihren Bann, man möchte unbedingt erfahren, was sich dort draußen verborgen vor den Augen der Öffentlichkeit zuträgt.
Wer nun allerdings auf knifflige Ermittlungen oder gar einige actionreiche Momente hofft, dürfte enttäuscht werden. Ein Großteil der Ermittlungen findet am Schreibtisch statt, wobei sich die Detektivarbeit darauf konzentriert, wie man sich Zutritt zum Haus des Doktors verschaffen kann und nicht das eigentliche Geheimnis des Hauses zu lüftet. Um Maltrevers sein geheimes Wissen zu entreißen, greift man auf die Vorliebe von Sherlock Holmes zurück, in verschiedene Verkleidung zu schlüpfen, um einen Fall zu lösen. Die Ereignisse, nachdem es gelungen ist, sich Zutritt ins Haus des Botanikers zu verschaffen, sind durchaus spannend und sorgen dafür, dass man als Hörer nun endlich wissen möchte, was sich in den Kellergewölben des Hauses verbirgt.
Die Geschichte verläuft äußerst geradlinig und verzichtet auf Nebenschauplätze und Winkelzüge und konzentriert sich auf das Wesentliche, was dafür sorgt, dass man nahe am Geschehen bleibt und sich nicht verzettelt. Die Auflösung greift dann ebenfalls eine Thematik auf, die bereits in mehreren Originalgeschichten behandelt wurde. Natürlich wurde bereits jede Geschichte auf die eine oder andere Art bereits erzählt, auch " Der Orchideenzüchter" versucht hier neue Impulse zu geben, allerdings bleibt der Eindruck zurück, dem geschilderten Ansatz an andere Stelle bereits einmal begegnet zu sein. Wer allerdings noch keinerlei Berührung mit den Geschichten eines Arthur Conan Doyle hatte, wird hier auf das Vortrefflichste unterhalten, den welches Geheimnis Dr. Watson, der Chronist von Sherlock Holmes, schließlich seinem Publikum präsentiert, ist sicherlich nicht alltäglich.
Die musikalische Untermalung ist angemessen und bringt alles mit, um den aktuellen Fall ansprechend zu rahmen. Orchestrale Klänge, die immer eine gewisse Dramatik und Theatralik mitbringen, passen hervorragend zum Plot. Dazu weckt die Musik Erinnerungen an das Viktorianische Zeitalter, was wohl kaum besser zu einer Serie wie den "Sherlock Holmes Chronicles" passen dürfte. Die verwendeten Soundeffekte sind eher zurückhaltender Natur, was bei einem Fall, der sich zunächst eher langsam entwickelt, keinesfalls negativ ins Gewicht schlägt. Man schafft es problemlos, das behagliche Chaos der Baker Street 221b vor dem Auge des Hörers mit den eingestreuten Geräuschen entstehen zu lassen.
Das Prunkstück dieser Produktion ist jedoch das Sprecherduo Till Hagen als Sherlock Holmes und Tom Jacobs als Dr. Watson. Seit einiger Zeit ist die Zahl der verschiedenen Veröffentlichungen mit dem wohl größten Detektiv aller Zeiten in der Hauptrolle unübersichtlich geworden. Dabei ist die Qualität der unterschiedlichen Umsetzungen stark variierend, doch Till Hagen ist mit seiner Performance im Moment die weitaus überzeugendste. Seine Stimme bringt aller Attribute mit, die man Sherlock Holmes zuschreibt. Eine gute Portion Arroganz, kühle Logik, manchmal eine geradezu aufreizende Gelangweiltheit, die exzessiv zur Schau gestellt wird. All dies fließt bei Till Hagen in seine Stimme mit ein und sorgt beim Rezipienten für die Illusion, tatsächlich Sherlock Holmes bei seiner Arbeit zu belauschen. Hier werden Erinnerungen an den unübertroffenen Jeremy Brett wach, der wohl wie kein Zweiter der Spürnase aus der Baker Street seinen ganz persönlichen Stempel aufgedrückt hat.
Tom Jacobs schlüpft in die Rolle des manchmal etwas phlegmatischen Freunds und Chronisten Dr. Watson. Auch hier ist der Eifer, mit dem der Sprecher bei der Arbeit ist nahezu greifbar und macht beim Hören große Freude. In Verbindung der beiden Akteure entsteht hier wirklich Großes, das den Vergleich mit der Konkurrenz keinesfalls zu scheuen braucht. Abgerundet wird das Ensemble durch Corinna Dorenkamp, Frank Röth, Klaus Lochthove und Louis Friedemann Thiele, die alle eine solide und professionelle Arbeit abliefern. "Der Orchideenzüchter" ist ein solides Kriminalhörspiel, das mit glänzend aufgelegten Sprechern und einer gehörigen Portion Atmosphäre punkten kann. Man darf gespannt sein, was die folgenden Episoden für die Ohren der Fans bereithalten.