20. Juli 07, Dornstadt bei Ulm, im Lerchenfeld
Melodisches Kettensägenmassaker.
Fünf Stunden im Zug - obwohl, bei der Affenhitze ist das eine angenehme Auszeit, weil Abteil klimatisiert.
Die vier Stunden im Auto danach mit der halben Stunde Stau allerdings, die sind weniger lustig. Obwohl, das Koffein im Tomapyrin...
Wie auch immer, gegen Ende der HIDDEN CAMERAS betritt die Festivalcrew dann elndich das Gelände. Das Publikum ist schon recht alkoholisiert, und teilweise ziemlich aggressiv, wie sich später herausstellen wird.
Die Jägermeister-Präsenz ist übermäßig, wohin man schaut, orange-schwarz - Regenschutze und Cowboyhüte, schon irgendwie stylisch. Wäre vor allem praktisch gegen den drohenden Wolkenbruch. Wo kriegt man sowas? Die Unwilligkeit zum Schlangenstehen siegt, kein Regenschutz oder Cowboyhut.
Dafür aber im Zelt GET WELL SOON, welche sehr, sehr feine Musik machen (ein kleines Bisschen Richtung BRIGHT EYES oder CALEXICO).
Dann wieder raus, THE BLOOD ARM anhören. Schnell weg von den turbulenten vorderen Reihen und vor`s Front Of House, wo man allerdings vor ständigem Angerempeltwerden auch nicht sicher ist. Mensch, diese Deutschen sind vielleicht kontaktfreudig...
TBA sind lustig, und geben sich betont dreckig. Der Sänger tut so, als stünde er auf Jungs und reißt Witzchen darüber, wenn er grad nicht gekonnt mit dem Arsch wackelt. Jetzt noch ein paar Kilo abnehmen, und die Indiemagazine werden euch zu Füßen liegen... denn visuelles Potential haben vor allem Keyboarderin und Gitarrist. Oh und der Marktschreier, der die Band vor jedem Auftritt ankündigt.
Fazitär nette hüpfige Musik und bemühtes Showmachen mit Publikumsinteraktion - ohne das und vermutlich irgendwelche Bestechungen wären sie nämlich wohl gar nicht erst aus den kleinen Bars herausgekommen.
In der Pause vor GOOSE macht man die leidsame Erfahrung, dass es am ganzen Gelände kein normales Wasser gibt. Wenn man eines trinken will, muss man Soda kaufen. Wenn man sich die Hände waschen will, muss man über eine regennasse Plane streichen.
A propos Regnen, das tut es auch. Immer wieder kehren Roadies das Wasser von der Bühne, und die Kabel müssen abgedeckt werden. Man wartet, an die "Reling" der ersten Reihe gelehnt. Denn, Logik: Die Äction beginnt ab Reihe zwei. Reihe eins ist safe, safe as fuck. Ja ja, natürlich.
Fehlkalkulation, ein paar Wilde haben es sich zur Aufgabe gemacht, dir in den Rücken zu hüpfen. Zum Glück gibt es vorn die Kastenmänner, die die allzu unruhigen Geister exorzieren.
Aber all das macht eigentlich retrospekt nix.
Weil GOOSE.
Genialer Elektro-Rock, und dieses Wort klingt gar so kraftlos, also versuchen wir es eher mit - Dance-Industrial? Geladen wie ein Telefonmast während der Blitz durchfließt, eine geballte Ladung an geil verzerrten Klängen, rhytmisches Totalrauschen, Wackeln mit dem ganzen Körper nahe zur Trance (der Geisteszustand, nicht der musikalische Zustand). Das CHIKINKI der Erwachsenen. JUSTICE der melodischen Hardrocker. Ein elektrifiziertes Orchester aus singenden Kreissägen.
Jah, oh, oh, jah bhitteh!
Und es ist viel zu schnell wieder vorbei.
Agnes Wieninger