Mit den Alter Egos von Tony Stark und Stephen Strange werden altgediente Marvel-Recken mit wechselvoller Geschichte in animierte Solo-Abenteuer geworfen.
Nach zwei sommerlichen Kino-Blockbustern braucht man ihn wohl nur mehr den wenigsten Zeitgenossen vorstellen: Mit dem brillanten Robert Downey Jr. in der Hauptrolle haben die beiden "Iron Man"-Filme 2008 und 2010 ordentlich Zaster in die Kassen der Marvel Studios gespült und einen wahren Reigen an neuen Projekten mit Charakteren aus dem weiten Comic-Universum ermöglicht. Sowohl für Captain America als Thor stehen demnächst Leinwandadaptionen an, vom Allstar-Team Avengers ganz zu schweigen. Zu letzteren hat Lionsgate Entertainment bereits 2006 ordentlich mit den beiden
"Ultimate Avengers"-Filmen vorgelegt, die KSM dankenswerterweise auch in unseren Breiten herausgebracht hat.
"The Invincible Iron Man", parallel auf DVD und Blu-ray erschienen, bringt uns eine modernisierte Origin des "Eisernen" näher. In dieser Fassung lässt der Industrielle Tony Stark in China Grabungen durchführen, welche bauliche Relikte der alten und grausamen Herrschaft des Mandarins zu Tage fördern soll. Die wissenschaftliche Unternehmung erregt den Zorn der einheimischen Jade Dragons, die permanent angreifen und ebenso schnell wieder verschwinden wie sie gekommen sind. Jim "Rhodey" Rhodes, der Mann vor Ort von Stark Enterprises, versucht verzweifelt eine Waffenlieferung zu organisieren, um sich verteidigen zu können. Sein Kumpel Tony zuhause genug Probleme, wird er doch bei einer Vorstandsvorsitzung von seinem eigenen Vater, der das Unternehmen leitet, entlassen und seine Abteilung aufgrund ungenehmigter Ausgaben geschlossen.
Unterdessen sind während einer erneuten Attacke bei den Ruinen alle Arbeiter getötet und Rhodey entführt worden. Der Plan des Anführers der Jade Dragons, über ihn an Tony heranzukommen, funktioniert: Sein Straßenkonvoi aus gepanzerten Fahrzeugen wird in einen Hinterhalt gelockt und mit schweren Waffen beschossen, Tony selbst schwer verletzt und ebenfalls gefangen genommen. Der selbstgefällige Geschäftsmann und Frauenheld ringt mit dem Tod und wird lediglich durch eine von Rhodey gebaute Beatmungsmaschine am Leben erhalten. Gemeinsam sollen sie den komplexen Mechanismus, mit dem sie die Stadt dem Erdreich entreißen wollten, umkehren und so die Rückkehr des Mandarin verhindern. Einer uralten Prophezeiung zufolge sollen ihn die vier Elemente mithilfe von fünf Ringen der Unterwelt dem Reich des Todes entreißen. Diese sind nun aktiv geworden und machen sich daran ihren Meister zu erwecken. Rhodey und Tony beginnen ebenfalls ihre Arbeit, allerdings an einem riesigen eisernen Kampfanzug…
"The Invincible Iron Man" ist Top-Unterhaltung auf hohem Niveau. Die Geschichte wird behutsam aufgebaut, erst nach einer halben Stunde (bei einer Laufzeit von knapp 80 Minuten) legt Tony Stark die eiserne Rüstung an. Die Origin ist kräftig umgearbeitet worden und auf gelungene Weise mit dem Mandarin als Erzfeind aus frühen Comic-Tagen verknüpft worden. Vor allem die vier Elemente lassen die computergenerierten Animationen voll zur Geltung bringen, wohldosiert eingesetzt und dank der Story nicht zur bloßen Leistungsschau verkommedn. Die Extraausstattung der DVD rundet den durchwegs positiven Eindruck ab: Neben einer alternativen Eröffnungssequenz und Concept Art kann sich der Zuschauer über ein Making of mit dem Kreativteam des Films freuen.
Dem breiten Publikum fernab der Comic-Shops ist Dr. Strange
hingegen weniger bekannt, obwohl gerade dieser Charakter wie kein anderer die magische Energie, die dem Marvel-Universum und seinen Figuren innewohnt, repräsentiert. Stephen Strange, mächtiger Magier und seit seinem Debüt in Strange Tales 110 (Juli 1963) aktiv im Kampf gegen allerlei böse Mächte, hat eine wechselvolle Veröffentlichungsgeschichte hinter sich – unverdienterweise meist in der zweiten Reihe der Heldenschar stehend. Höchste Zeit und eine tolle Sache, dem Mann endlich ein eigenes animiertes Solo-Feature zu widmen.
Um einen der faszinierendsten Helden des Verlags zu schaffen, bedarf es zuerst natürlich einiges an dramaturgischer Fallhöhe. Der brillante, jedoch selbstgefällige und egoistische Chirurg Stephen Strange übernimmt medizinische Eingriffe nur mehr dann, wenn ihm daraus persönliche und finanzielle Vorteile erwachsen. So lehnt er auch jedes Engagement im Fall von mehreren ins Koma gefallenen Kindern ab, die von albtraumhaften Visionen geplagt worden sind. Es kommt, wie es kommen muss: Bei einem Autounfall werden seine Hände derart in Mitleidenschaft gezogen, dass er trotz vieler kostspieliger Operationen nie wieder operieren wird können. Er verliert seinen Job, stürzt sich in Schulden und steht vor dem Nichts. Komplett am Boden liegend, wird ihm durch den mysteriösen Ming plötzlich Hilfe angeboten. Eine Reise zu einem entlegenen Kloster in Tibet soll ihm Erlösung verschaffen. Dort angekommen, trifft er auf eine Riege erfahrener Magier, die sich des Dämons Dormammu aus einer anderen Dimension erwehren müssen. Dieser versucht, sich Zugang zum Sanctum Sanctorum zu verschaffen, einem Nexus der Realitäten, dessen Besitz unheimliche Machtfülle bedeutet.
Unter den vier Marvel-Animationsfilmen von Lionsgate behauptet "Doctor Strange – The Sorcerer Supreme" tadellos seine Stellung. Für die Entwicklung des Charakters lässt man sich viel Zeit, was dem Ganzen wohltuende Tiefe verleiht. Die actionlastigen Szenen sind routiniert umgesetzt, die verschiedenen magischen Fähigkeiten des Figurenpersonals werden gelungen in Szene gesetzt. Tolle Sprecher, sowohl im Original als auch in der deutschen Synchronisation, machen "Doctor Strange" zur Empfehlung. Die Extras warten mit Interviews mit Stan "The Man" Lee, J. M. DeMatteis, Steve Englehart und dem Produzententeam sowie jeder Menge Original-Artwork auf.
# # # Andreas Grabenschweiger # # #