Routine-Gemetzel oder die Videospiel-Analogie zu Gandalfs "Du kommst hier nicht vorbei!" – wie schlägt sich "Der Herr der Ringe: Der Krieg im Norden"?
Das Gameplay des Third Person Action-Rollenspiels ist auf das muntere Geschnetzel von Gegnerhorden gestützt. In Folge der fehlenden Abwechslung bei der Darstellung der Kontrahenten wirken diese jedoch bereits nach kurzer Zeit repetitiv. Diese Kritik kann guten Gewissens auch auf die Dramaturgie des Spiels übertragen werden, erneut wurde bei einer Videospiel-Adaption an der falschen Stelle gespart – bei den Autoren, beim Drehbuch. Eindimensionale Charaktere und ein flacher Spannungsbogen geben Zeugnis vom fehlenden Engagement fähiger Schreiberlinge.
Die Schwächen bei Geschichte und Charakterentwicklung werden mit der mangelnden Logik bei den Speicherpunkten sowie im Umstand, dass im Spiel nicht zwischen den Hauptcharakteren gewechselt werden kann, fortgesetzt. Doch jene Elemente, welche im Singleplayer-Modus schnell in Hack`n`Slay-ähnlichem Einheitsbrei resultieren, machen im Mehrspieler dankenswerterweise wirklich Laune. Mit zwei menschlichen Mitspielern ist das Metzeln gleich viel lustiger – trotz der einigermaßen soliden KI in der Solo-Kampagne.
Die Charakterfähigkeiten sind in Summe jedenfalls gut ausbalanciert, hier wurde mit großer Sorgfalt darauf geachtet, dass sich die vorhandenen Stärken und Schwächen in der Gruppe optimal ergänzen. Genreüblich gibt es einen Heiler, einen Fernkämpfer sowie mit dem Zwerg einen starken Nahkämpfer. Am spaßigsten sind dabei auf jeden Fall Abenteuer, welche auf einer Konsole via Splitscreen vor einem Schirm gemeistert werden. Leider kommt es vor allem bei Gemetzeln mit größeren Gegnerhorden häufig zu unübersichtlichen Spielsituationen. Nichtsdestoweniger machen die Koop-Kämpfe weitaus aus mehr Laune als das vergleichsweise monotone Solospiel. Mit ganzem Herzen ist dagegen die Zerstückelung der Monster-Garnitur gestaltet worden. Alles was kreucht und fleucht, kann in überschaubare Stückchen zerhackt werden, spektakuläre Blutfontänen inbegriffen.
Sehr überzeugend gestaltet sich auch die grafische und akustische Inszenierung des Tolkien-Universums: Der hohe Norden ist eine lizenztreue Erweiterung mit liebevoll gestalteter und authentischer Grafik, die Mischung aus wohlbekannten Orten mit neuen Szenerien gelingt wunderbar. Wer die Trutzburgen, Ritterhallen und Landschaften aus den Filmen noch in angenehmer Erinnerung hat, wird mit "Der Krieg im Norden" seine Freude haben – leider mit der Einschränkung, dass die Inszenierung der Oberfläche überaus stimmig ist, es leider jedoch nicht gelingt die Atmosphäre auch unter Tage zu transportieren. In Summe wirken die Dungeons in Folge der generischen Gestaltung wie eine lieblose Dreingabe.
Fazit: Eingefleischte "Der Herr Der Ringe"-Fans dürfen angesichts der atmosphärischen Erweiterung des Tolkien-Universums getrost zugreifen. Für alle anderen ist "Der Krieg im Norden" in Folge des Koop-Schwerpunkts zwar eine durchaus ansprechende Alternative zu "Skyrim" & Co, Freunde von innovativem Gameplay dramaturgischen Höhepunkten werden mit der neuesten Tolkien-Videospieladaption jedoch nicht bedient. Der Schwerpunkt liegt ganz klar auf der kurzweiligen, jedoch (allzu) wohlbekannten Team-Schnetzelei.
# # # Karl H. Stingeder # # #
Grafik: 7/10
Sound: 8,0/10
Steuerung: 7,5/10
Spielspaß: 6,0 /10
Gesamt: 7
Entwickler: Snowblind Studios
Publisher: Warner Interactive