2011 ist, rein von der Erwartungshaltung, schon jetzt ein heiliges Jahr: Mit "Skyrim" werden Bethesda die Elder Scrolls weiter abarbeiten, "The Witcher 2" wird Geralt wieder wüten lassen und jetzt machen Bioware den Anfang dieses RPG-Triumvirats – "Dragon Age 2" verspricht viel, auch die etwas zähe Demo konnte an zumindest meiner Vorfreude wenig ändern. Also, rein ins Laufwerk, auf nach Kirkwall...
Dass ich gute 20
Stunden später mit etwas verzwicktem Gesicht dasitze, hat seine Gründe. Erstens mal ist das Spiel schon aus, trotz vielseitiger Erkundung und Erledigung fast aller Nebenquests. Zweitens habe ich trotz zwischenzeitlicher Hochs nicht wirklich das Gefühl, hier den Kracher gespielt zu haben, der erwartet wurde. Aber alles der Reihe nach: "DA 2" schmeißt einen ziemlich hart ins Spiel.
In einer Art Rückblende erzählt einer eurer künftigen
Wegbegleiter eure Geschichte einer nie näher beleuchteten Chantry-Tussi, und ehe man sich versieht, ist man auch schon auf der Flucht. Und zwar aus dem schon bekannten Lothringen, wo – erraten – die Darkspawn ihre hässlichen Fratzen zeigen. Natürlich verfolgen einen kleine Grüppchen, natürlich muss ein geliebter Mensch sterben, und natürlich wird man aus einer hoffnungslosen Situation von einem noch allzu bekannten Drachen gerettet.
Soweit der Einstieg. Wer auf viele
verschiedene Opener wie in Teil eins hofft wird enttäuscht werden, gerade mal Magier, Krieger oder Schurke in je nach Vorliebe Frau- oder Mannausführung stehen zur Auswahl. Nicht das es eine große Rolle spielen würde, Charakterentwicklung und Fähigkeiten wurden "entschlackt", im Endeffekt wird jedes Alter Ego zum Kampftier. Alter Ego ist eigentlich auch das falsche Wort, da von Anfang an alles definiert ist: Ihr seid (bzw. werdet) Hawke, Champion von Kirkwall, das könnt ihr drehen und wenden wie ihr wollt, einzig wie man die zehn Jahre des Spiellebens ausgestaltet, bleibt einem überlassen. Zwar spielt Bioware gerade bei den Charakteren alte Stärken aus, die Dialoge zwischen euren Gefährten sind wie immer zum Brüllen, aber recht hineinschlüpfen – das soll nicht sein. Einen richtigen Bock bemerkt man spätestens nach guten zehn Stunden, wenn vor allem bei den Nebenquests immer wieder ein Gefühl der Ortsvertrautheit aufkommt. Und tatsächlich, Dungeonrecycling – peinlich. Alles spielt sich immer am gleichen Ort ab, dass auch Kirkwall und ein paar Umgebungsplätze spielbar sind, trägt auch nicht gerade zum Gefühl einer Spielwelt bei. Hinzu kommt das 1:1 von "Mass Effect" übernommene Dialograd.
Kommt es zum Kampf, werden sich Kenner von Teil eins schnell umstellen
müssen, den bei der Geschwindigkeit wurde ordentlich gedreht. Mein Schurke flitzt nur so durch die Horden, überall spritzt roter Saft herum, oft muss die Pause bemüht werden, um überhaupt den Gesundheitszustand der Helden zu checken. Übersicht ist Mangelware, auch wurde die isometrische Oberansicht gestrichen. Aber Bioware macht auch vieles gut: Die Qunari sind um einiges lässiger als in Teil eins desingt und spielen endlich eine Rolle, das Skillsystem ist verzweigter und die Story kann an vielen Stellen punkten. Auch die Konsequenzen aus Entscheidungen und die schon erwähnten Gefährten tragen viel dazu bei, dass man doch ab und an wie angeklebt vor dem Bildschirm hockt. Die Schwächen aus Teil eins wurden hingegen bei-behalten, man kann weiterhin stehlen und direkt vor Wachen kämpfen – eine interaktive Welt sieht anders aus. Dafür wurde das Partycamp gestrichen, jeder Gefährte hat nun einen fixen Platz in der Stadt.
Fazit: Es riecht
an allen Ecken und Enden nach vielen, sehr vielen noch kommenden DLCs. Was einige Entwickler mittlerweile zugegeben haben, merkt man diesem Spiel andauernd an, nämlich von oben verordneter Zeitdruck. "DA2" wird viele Fans finden, die mit dem Schwenk in Richtung Action-RPG (mit starker Betonung auf Action) zufrieden sind, Oldschooler werden hingegen wenig Freude haben und auf Geralt und Bethesda hoffen.