Einer der besten Game Studies Sammelbände der letzten Jahre beleuchtet den Status quo und die Zukunft von virtuellen Welten in 23 lesenswerten Beiträgen.
2008 wurde an der University of California eine Reihe von virtuellen Konferenzen im Massively Multiplayer Online Role-Playing Game (kurz MMORPG) "World of Warcraft" abgehalten. Der mit diesen Veranstaltungen erfolgte Online-Meinungsaustausch von Forschenden, die sich mit virtuellen Welten auseinander setzen, diente als Impuls für die im vorliegenden Sammelband vereinten Beiträge.
Die ersten Kapitel geben einen guten Einblick in die vielfältigen Fragestellungen und den jeweils damit verknüpften empirischen Forschungfokus: Anhand der Untersuchungen von aktiven oder bereits eingestampften Online-Welten wie "World of Warcraft", "Second Life", "Tabula Rasa" oder "Matrix Online" werden Ergebnisse präsentiert und interpretiert. Weitere Kapitel handeln von virtuellen Welten, die mit der Grundidee von interaktiven Online-Lernplattformen geschaffen wurden. Gemeinsam ist den couragierten Artikeln sowohl das Streben nach einer fundierten Erforschung von sozialen Dynamiken virtueller Welten als auch die Betonung der Tragweite für Sozialwissenschaft und Informationstechnologie. Im Brennpunkt stehen auch die aktuellen und künftigen Folgewirkungen synthetischer Welten für die Zukunft der menschlichen Kultur.
Die Kapitel 10-18 beleuchten erprobte Zugänge und Rahmenbedingungen für die sozialwissenschaftliche Forschung im Sinne virtueller Welten als brauchbare Laboratorien für die Erforschung des menschlichens Verhalten und der Kommunikation. Der Schlußteil des Sammelbands fokussiert mit fünf Kapiteln auf die Frage, wie virtuelle Welten wachsen, welchen Nutzen sie als Plattformen für Teamzusam¬menarbeit besitzen und wie künftige Entwicklungen aussehen könnten. Herausgeber William Sims Bainbridge legt in der Einleitung großen Wert darauf, dass alle Beiträge durchaus für sich allein stehen können und sich zusammen betrachtet durch alle Kapitel ein roter Faden zieht, nämlich die wachsende Bedeutung von virtuellen Welten für eine neue menschliche Realität:
"Although a child of nature, humanity always creates its own world. Before humans evolved, there were no farms, no cities, no battlefields, and no roads. Now humanity has created Internet, and this new highway is rapidly opening new destinations for its travellers."Der Sammelband insgesamt sowie auch der größte Teil der umfassten Einzelbeiträge ist klar strukturiert und richtet sich an interessierte Laien wie Forschende gleichermaßen. Sämtliche Kapitel sind verständlich aufgearbeitet und teils auflockernd mit Bildmaterial versetzt.
Fazit: "Online Worlds: Convergence of the Real and the Virtual" eröffnet einen breit gestreuten und hochinteresanten Einblick in Status quo und mögliche Zukunftsszenarien virtueller Welten und deren Bedeutung für Wissenschaft und das menschliche Zusammenleben. Alle Beiträge sind durch eine wesentliche Grundhypothese charakterisiert: Virtuelle Welten sind demnach (unter Anwendung einer grundsätzlich vorsichtigen Herangehensweise) brauchbare wissenschaftliche Laboratorien und damit geeignet für die Erforschung fundamentaler menschlicher Prozesse und Kreisläufe. Ebenfalls allen Beiträgen gemeinsam ist das Verständnis, dass virtuelle Online-Welten sukzessive für die Entwicklung der Menschheit an Bedeutung gewinnen. Der Sammelband ist aktuell lediglich auf Englisch verfügbar und setzt fortgeschrittene Kenntnisse der Sprache voraus.
# # # Karl H. Stingeder # # #
Publisher: Springer