Erneut befasst sich Sigmund Freud mit den Abgründen der menschlichen Psyche und versucht, der Gerechtigkeit zu ihrem Recht zu verhelfen.
Nach einer kurzen Pause findet die noch relativ junge Hörspielserie "Prof. Sigmund Freud", die in Kooperation mit dem Hessischen Rundfunk produziert wird, ihre Fortsetzung. Gleich drei neue Folgen warten darauf, ihr Publikum zu finden. Den Auftakt macht die sechste Folge mit dem Titel "Sein und Haben". Wie bereits in den fünf voran gegangenen Folgen ist auch diese Episode kein bloßes Kriminalhörspiel, sondern wird an vielen Stellen mit dem Leben und Werk Freuds verzahnt. So entsteht intelligente Krimi-Unterhaltung mit einem gekonnt in Szene gesetzten psychologischen Unterbau.
Das neuste Abenteuer des österreichischen Psychologen mit dem Titel "Sein und Haben" nimmt, wie bereits einige andere Fälle, auf Initiative des Gendarmen Karl Gruber seinen Lauf. Ein Wiener Kreditinstitut wird von einer Bande skrupelloser Bankräuber überfallen. Der dreiste Überfall am helllichten Tag endet in einem Fiasko, bei dem einer der Gangster erschossen wird. Ein weiterer kann von der Polizei noch am Tatort verhaftet werden. Lediglich einem der Diebe gelingt es, sich dem Arm des Gesetzes zu entziehen. Die Polizeibehörden hoffen auch den letzten Bankräuber schnell fassen zu können, schließlich ist es ihnen gelungen, einen seiner Komplizen dingfest zu machen. Dabei stoßen sie jedoch schnell auf ein unerwartetes Problem, denn der festgesetzte Kriminelle scheint geistig verstört zu sein und kann keinerlei brauchbare Angaben zum Verbleib seines Mittäters machen. Man bittet Professor Freud um Hilfe, vielleicht gelingt es ihm, dem scheinbar zurückgebliebenen Mann seine Geheimnisse zu entreißen. Freud erklärt sich zur Mithilfe bereit und übernimmt die Befragung des Gefassten.
Neben den Ermittlungen werden in dieser Folge verstärkt auch einige Theorien und Überlegungen zu psychologischen Problemen von Freud angesprochen und näher ausgeführt. Was auf den ersten Blick eher trocken, dröge und nach einem eher schwierigen Thema für ein Hörspiel klingt, sorgt für das Gegenteil. Die angesprochenen Aspekte sorgen dafür, dass sich dieses Hörspiel erfrischend vom durchschnittlichen Krimi-Einerlei abhebt. Doch ein noch so gutes Skript allein garantiert noch kein gutes Hörspiel, es steht und fällt mit seinen Sprechern. Wie bereits in den fünf veröffentlichten Fällen übernimmt wieder Hans Peter Hallwachs die Rolle Sigmund Freuds. Erneut zeigt sich, wie gut seine Stimme für die Rolle des Wiener Psychologen gewählt ist. Gelegentlich ertappt man sich dabei zu vermuten, man lausche der Originalstimme Freuds. Hier wurde wirklich ein glückliches Händchen bei der Besetzung bewiesen, dies gilt auch für die weiteren Hauptrollen. Felicitas Woll als Anna Freud und Andreas Fröhlich als Karl Gruber können auf der ganzen Linie überzeugen. Auch die Nebenrollen wurden wieder mit großem Fingerspitzengefühl ausgesucht und passen ebenfalls hervorragend zu ihren Charakteren.
Es zeigt sich einmal mehr, dass es sich bezahlt macht, die zum Einsatz gebrachte Musik extra für ein Hörspiel komponieren zu lassen, sie ergänzt die erzeugte Stimmung des gesprochenen Wortes und macht die Produktion zu einem organischen Ganzen, zumindest dann, wenn sie so hervorragend passt wie bei Professor Sigmund Freud. Selten konnte man Musik hören, die so gut zu Zeit und Ort des Geschehens passt, wie hier. Ebenso liebevoll ist erneut das Booklet gestaltet, einmal mehr ziert das Konterfei Freuds das Cover in einem anderen Farbton. Wie bereits von anderen Folgen bekannt, sind im Hintergrund wieder Anspielungen auf den aktuellen Fall zu entdecken. Vorbildlich sind die kurzen Erläuterungen zu angesprochenen Themen des Hörspiels auf den Innenseiten des Booklets. Einmal mehr kann man nur an die Freunde des Hörspiels appellieren, dieser Serie eine Chance zu geben, denn es gibt auf dem deutschen Hörspielmarkt zurzeit nur wenig Konkurrenz, die sie fürchten müsste. Ein Krimi, der auf intelligente Art zu unterhalten weiß und sich dabei produktionstechnisch auf höchstem Niveau bewegt. Absolut empfehlenswert!
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