SLAM Logo
© SLAM Media
SLAM #136 mit Interviews und Storys zu PALAYE ROYALE +++ TOUCHÉ AMORÉ +++ ENSIFERUM +++ THE OFFSPRING +++ KUBLAI KHAN TX +++ THE HEADLINES +++ HIGH VIS +++ THE CROWN +++ u.v.m. +++ Jetzt am Kiosk!

Second Coming 1

Verflucht, verdammt und Halleluja!

Second Coming 1Der Fantasie, was die Abenteuer von Superman, Batman & Co. betrifft, sind keine Grenzen gesetzt – sehr wohl offenbar aber dem, was DC seiner Leserschaft zuzumuten bereit ist. Diese Erfahrung mussten etwa Mark Millar und Frank Quitely bei "The Authority" machen, das mehrmals Zensur und Änderungswünschen unterworfen wurde, und auch Garth Ennis und Darick Robertson, deren bitterbösen Hit "The Boys" man nach wenigen Ausgaben einstampfte und der (aufgrund des Verkaufserfolgs mehr als dankbaren) Konkurrenz von Dynamite Entertainment überließ. Während diese für die künstlerische Freiheit nicht gerade als Sternstunden anzusehenden Vorgänge das mittlerweile eingestampfte und einst von Jim Lee als Teil von Image gegründete Sublabel WildStorm betrafen, handelten sich Mark Russell ("The Flintstones") und Richard Pace ("Pitt) bei einer anderen Abteilung des Verlags Probleme ein.


Ausgerechnet Vertigo, seit den 1980ern das Aushängeschild von DC in puncto anspruchsvoller Erhaltung für Erwachsene, knickte gegenüber einer regelrechten Kampagne fundamentalistischer Eiferer ein, als diese von der Prämisse der 2018 angekündigten Miniserie "Second Coming" erfuhren. Es darf als Ironie der (Comic-)Geschichte gewertet werden, dass die Marke, einst geschätzt für so große Namen wie "Hellblazer" oder "Sandman", 2020 sang- und klanglos unterging, nachdem sie da Projekt im Februar des Vorjahres als zu heiße Kartoffel fallengelassen hatte. Bei Ahoy Comics, wo das Kreativduo seine Schöpfung anschließend unterbrachte, dürfte man sicherlich hocherfreut gewesen sein über die durch den ganzen Wirbel verursache Gratis-PR.


Was war nun aber der Stein des Anstoßes für empfindsame religiöse Gemüter? Schlicht und einfach die Prämisse, dass Jesus Christus erneut auf die Erde herabsteigt, nachdem er bei seinem ersten Versuch, deren Bewohner zu einem friedlich(er)en Miteinander zu bewegen, spektakulär gescheitert ist. Gott höchstpersönlich, der das Projekt "Mensch" schon seit längerem gelinde gesagt kritisch beäugt, engagiert dafür den Superhelden Sunstar, um seinem Sohn zur Seite zu stehen. Die Vorzeichen für ein erfolgreiches Comeback des Messias stehen jedoch (wieder) ungünstig, denn erstens hat der Gastgeber an eigenen Problemen zu knabbern, zweitens erweist sich Vernunft weiterhin als letzter Ausweg statt oberste Handlungsmaxime des Homo sapiens und drittens gibt es noch einen allseits bekannten, gefallenen Erzengel, der auch mitmischen will…


Die einzige wirkliche Kritik, die sich der Auftakt von "Second Coming" gefallen lassen muss, ist die stilistische Inkonsistenz bei den Zeichnungen. Sie stammen zwar alle von Richard Pace, wurden aber teilweise von ihm getuscht und koloriert und teilweise von den Kollegen Leonard Kirk und Andy Troy, was spürbar ins Auge sticht. So fügt sich das Artwork als Ganzes betrachtet nicht ganz optimal in den ansonsten geschmeidigen Erzählfluss, der mit grandiosen Gags, moderatem Schimpfwortgebrauch und einigen nachdenklichen, berührenden Stellen ohne Plattitüden oder moralinsaures Geschwafel erfreut. Religionssatire ist letzten Endes stets auch Gesellschaftssatire – und die wird hier Gott (?) sei Dank nicht mit dem Vorschlaghammer, sondern feiner Klinge vorgetragen.


 
# # # Andreas Grabenschweiger # # #



Publisher: Dantes Verlag


 
Das gefällt mir! Weiter-tweeten
Im Kampf gegen den Inventor muss Kamala erkennen, dass etwas Hilfe von Freunden nie schaden kann.
Michel und Nadine Weyland verstehen es, den Abschied von der reiselustigen Abenteuerin so bittersüß wie möglich zu gestalten.
Das Böse hat viele Gesichter. Manchmal zeigt es uns die unverblümte Fratze des blanken Horrors, an anderer Stelle tritt es versteckt in Aktion.
Während der Donnergott 1964 weiter fleißig seinen Hammer schwang, traten seine Erlebnisse im Vergleich zu manchen Heldenkollegen spürbar auf der Stelle.
Poison Ivy ist wieder zurück in Gotham City und auch die Liebe zu ihrer Ex Harley Quinn neu entflammt. Perfekte Liebesharmonie in der alten Heimat also?
Das Jahr 8162 ist ein hartes Pflaster, wie es Ende der 1980er nur Marvel UK ersinnen konnte.
Rock Classics
Facebook Twitter