Dass der älteste Feind der X-Men auch eine der facettenreichsten Figuren des "House of Ideas" ist, untermauert das für diesen Band ausgewählte Material sehr gut.
Als "The X-Men" 1 mit Coverdatum September 1963 erschien, hätte absolut keiner ahnen können, zu welch künstlerischen und kommerziellen Höhen sich Marvels Mutanten ab den frühen 1980ern aufschwingen sollten – die zunächst vom Dreamteam Lee/Kirby gestaltete Serie schlug sich mehr schlecht als recht auf dem Markt bis zu dem Punkt, an dem sie sie für einige Jahre nur mehr Nachdrucke früheren Materials enthielt. Bezüglich der glorreichen Wiedergeburt des Teams 1975 seit auf
Band 64 der ersten Marvel-Sammelreihe von Hachette verwiesen, die vorliegende Ausgabe der Premium-Ergänzung zur "roten" Kollektion widmet sich hingegen einem Charakter, der Professor Xavier und seine Schützlinge schon von Beginn an beschäftigt.
Die Rede ist natürlich von Magnus Lehnsherr alias Magneto, der bereits in der eingangs erwähnten Debütnummer für Ärger sorgte. Schon damals ließ er sich nicht in das in jenen Tagen übliche Gut/Böse-Schema einordnen, das so manch anderen Gegner ob seiner Eindimensionalität im erzählerischen Limbo verschwinden ließ. Der Meister des Magnetismus hielt an seinem Ziel, die Welt dem Homo superior untertan zu machen, eigentlich immer fest, wenngleich die Wahl der Mittel über die Zeit wechselte und ihn zunächst als gnadenlosen Anführer der Bruderschaft der bösen Mutanten auftreten und später immer mal wieder an die Seite seines Freundes/Rivalen Charles Xavier wechseln ließ.
Die Ambivalenz, die den frühesten Kontrahenten der Gruppe X umgibt und so faszinierend macht, reflektiert auch die hervorragende Auswahl des Materials für den ihm gewidmeten Band der Superschurken-Sammlung, der in schickem Lila erstrahlt. Nicht nur zeitlich (aufgrund der Veröffentlichung aller hier abgedruckten Ausgaben mit Coverdatum von Februar bis Juli 1999), sondern auch thematisch stehen die ausgewählten Storys in engem Zusammenhang: Im Fünfteiler "The Magneto War" (mit "Uncanny X-Men 85" als Prolog) bedroht Magnus einmal mehr die Welt, indem er deren elektromagnetisches Gleichgewicht aus den Fugen geraten lässt, gleichzeitig gilt es in gewisser Hinsicht sein Spiegelbild in Form von Joseph zu bekämpfen.
Die Identität dieses jüngeren Pendants, die der Leserschaft längere Zeit Rätsel aufgab, wird hier endgültig aufgeklärt und nebst all der Action eine Geschichte über Licht und Schatten, die sich ein einer Person vereinen können, erzählt. Die überraschende Auflösung mündet direkt in die vom markanten Artwork des frühen Brandon Peterson getragene Miniserie "Magneto Rex", in der sich nicht jeder auf Genosha damit abfinden kann, dass Magnus von der UN soeben um des Friedens willen die Herrschaft über die von Bürgerkrieg und Legacy-Virus gebeutelte Insel übertragen bekam – allen voran Sohn Pietro (alias Quicksilver). Auch dieser Dreiteiler setzt den Zwiespalt zwischen den durchaus nachvollziehbaren Motiven von Magneto, sein Volk zu schützen, und den Methoden, die er dafür zu wählen bereit ist, spannend in Szene.