Ohne Vorwarnung attackiert ein Mann eine Gruppe Jugendlicher auf offener Straße. Nur knapp gelingt es Morgenstern, den Täter zu überwältigen.
Chris Morgenstern hat der Polizei den Rücken gekehrt und ist Privatdetektiv geworden. Die nötige Überzeugungsarbeit zu diesem Schritt leistete eine Kugel in seinem Kopf, die ihn mehrere Wochen ins Koma beförderte. Als Ausgangspunkt für seine Dienste als Privatermittler wählte Chris Potsdam, seine Heimatstadt, unweit des Molochs Berlin. Bisher konnte er sich damit gut über Wasser halten. Doch dann verändert sich die Stadt, Potsdam wird mit einer neuen Droge quasi überflutet. Crystal Meth verwandelt die Menschen innerhalb kürzester Zeit in aggressive Zombies.
Als Chris selbst Zeuge wird, welche verheerende Wirkung die Droge auf ihre Konsumenten hat, beginnt er selbst mit Nachforschungen. Dann bekommt Morgenstern plötzlich einen unverhofften Tipp, eine junge Frau bietet ihre Hilfe an, sofern es ihm gelingt, sie vor den Drahtziehern dieses gewaltigen Drogenhandels zu beschützen. Doch Chris muss vorsichtig sein, denn seine Gegenspieler sind ihm immer einen Schritt voraus und irgendwie jeder, der in die Angelegenheit verwickelt ist, scheint eigene Interessen zu verfolgen.
"Morgenstern" ist die neue Serie im Hause Folgenreich. Im Gegensatz zu den anderen Serien des Labels gibt es hier eine Besonderheit, neben der Veröffentlichung als inszenierte Lesung erscheint die Serie gleichzeitig auch als E-Book. Mit der Figur des Chris Morgenstern erschließt sich Folgenreich ein weiteres Genre im Repertoire, den Krimi. Erdacht wurde die in der Gegenwart angesiedelte Reihe von Raimon Weber, der sich bereits als Autor solch wohlklingender Serien wie "Gabriel Burns" und "Point Whitmark" einen Namen gemacht hat.
Als Zielpublikum wird wohl die umfangreiche Gruppe der "Tatort"-Fans und sonstiger deutscher Krimiformate anvisiert, die sich sicherlich mit der hier präsentierten Geschichte anfreunden können. Was dem Hörer mit "Leben und Sterben" inhaltlich geboten wird, ist durchaus solide und lässt keine Langeweile aufkommen. Für die erste Episode wählte man eine aktuelle Drogenproblematik, die in Deutschland immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit rückt. Crystal Meth ist eine Droge, die sofort süchtig macht und die Konsumenten in kürzester Zeit in physische wie psychische Wracks verwandelt.
Begleitumstände, die auch die Hauptfigur in ihrem Betätigungsfeld erfahren muss. Neben der spannenden Story im Drogenmilieu werden erste Weichen für eine übergeordnete Rahmenhandlung geschaffen, die allerdings nach dem Hören der ersten Folge noch weitestgehend im Dunkeln bleibt. Wie es sich für einen ordentlichen Piloten einer Serie geziemt, so wird auch bei "Morgenstern" Wert darauf gelegt, das persönliche Umfeld des Protagonisten vorzustellen und einige Nebencharaktere zu etablieren.
Die von Raimon Weber verwendete Sprache ist in weiten Teilen überzeugend und schießt nur in wenigen Momenten über das Ziel hinaus. Ein gutes Beispiel sind die Vergleiche Morgensterns mit Russell Crowe, aber auch hier gilt natürlich dass die Geschmäcker verschieden sind. Der Anteil an Geräuschen ist deutlich höher als man es von vielen inszenierten Lesungen gewöhnt ist und erreicht an einigen Stellen Hörspielcharakter. Was man dort um die Ohren gepustet bekommt, ist realistisch und spiegelt glaubwürdig den Handlungsort wieder. Die Musik ist gut gewählt und passt zum Inhalt. Vielleicht kann man den Anteil der Musikstücke in Zukunft zur Auflockerung noch ein wenig ausdehnen.
Als Sprecher konnte der Schauspieler und Regisseur Olaf Reitz gewonnen werden, eine neue, frische Stimme, die gut zur Figur des Chris Morgenstern passt. Seine flüssige Art zu erzählen, in Kombination mit einer angenehmen Stimmfärbung, macht ihn von Beginn an sympathisch und noch viel wichtiger, man kauft ihn auch den Privatdetektiv mit Vergangenheit ab. Hier haben die Produzenten die richtige Wahl getroffen. Das Cover und die Gestaltung des Serienlogos wissen zu gefallen. Das Titelmotiv ist sicherlich plakativ, aber dennoch ein Hingucker und wird den einen oder anderen Krimifreund zum Kauf animieren. Im Booklet gibt es bereits die weiteren Folgen zu bestaunen und auch diese können rein optisch überzeugen.
Der Start von "Morgenstern" ist geglückt, "Leben und Sterben" ist ein solider Auftakt für weitere spannende Fälle des Potsdamer Privatdetektivs. Inhaltlich ist noch deutlich Luft nach oben, das ist bei einer Startfolge nichts Ungewöhnliches. Einziger Kritikpunkt: Warum hat man sich nicht dazu entschieden, "Morgenstern" als Hörspielserie zu konzipieren? Vielleicht kommt es ja seitens der Produzenten und des Labels noch zu einem Umdenken, das wäre begrüßenswert.
# # # Justus Baier # # #
Publisher: Folgenreich/Universal Music