Jim Starlins Erzählung über den Tod von Captain Marvel ist ein Monument, dem die Schnelllebigkeit von Superhelden-Comics nichts anhaben kann.
Es vergeht gefühlt kein Monat ohne den Tod eines Spandexträgers in den weitläufigen Sphären der "Big Two" Marvel und DC. Was früher einst eine Besonderheit war, ist nun zur inflationären, für kurzfristige PR-Zwecke ausgeschlachtete, beinahe triviale Angelegenheit geworden. Während er das Ableben einer Figur mittlerweile mehr oder weniger emotionslos hinnimmt und deren Rückkehr in einigen Monaten und Jahren erwartet, schaut so mancher Comic-Fan möglicherweise voll Wehmut zurück in eine Zeit, in der sich der Sensenmann viel seltener an Superhelden oder wichtigen Nebencharakteren vergriff. Der Blick fällt dann vielleicht auf "The Death of Captain Marvel", dem Herzstück von Band 78 der Marvel-Sammlung von Hachette.
Zuvor jedoch wird mit den Ausgaben "Captain Marvel" 31-34 und "Avengers" 125 von Jim Starlin gemeinsam mit Kollegen wie Steve Englehart und Mike Friedrich der finale (erste) Schlagabtausch zwischen Mar-Vell und Thanos geschildert, der durch den Besitz des kosmischen Würfels beinahe universelle Macht erhalten hat. Nachdem der größenwahnsinnige Despot offenbar gefallen ist, scheint Captain Marvels nächstes Abenteuer dagegen Peanuts zu sein: Im Kampf gegen den Schurken Nitro gelingt es ihm, die Bedrohung durch ein gefährliches Nervengas zu beenden. Doch genau damit fällte Jim Starlin in seiner letzten "Captain Marvel"-Ausgabe 1974 das Todesurteil für den Charakter.
Und damit wären wir wieder bei "The Death of Captain Marvel", der ersten "Marvel Graphic Novel" von 1982, die der Meister schuf, nachdem beschlossen worden war, Mar-Vell durch einen anderen Charakter zu ersetzen. Den Abschied bewerkstelligte er in berührender Manier, nämlich ohne einen spektakulären Kampf oder ein heldenhaftes Opfer, das der schlicht und ergreifend an Krebs erkrankte Captain Marvel bringen hätte müssen. Die sensible Erzählung, die alle Facetten von Trauer über Wut bis zur Akzeptanz behandelt, ist, wenn man sie vom Superhelden-Kontext losgelöst betrachtet, die Comic gewordene Einsicht, dass ein Mensch nie wirklich sterben kann, solange sich seine Liebsten und Freunde an ihn erinnern. Ohne Zweifel eines der besten Werke, die das Genre jemals hervorgebracht hat.