Maxley gehört zu jenen verschlafenen Orten Englands, in denen nie etwas Aufregendes passiert. Dies ändert sich jedoch, als eine mysteriöse Fremde ein Anwesen in der Nähe bezieht und das Leben der Dörfler gehörig durcheinanderbringt.
Die beiden Pensionäre Emmet Foster und Professor Francis Urbridge sind Nachbarn und verbringen ihren Lebensabend im beschaulichen Maxley, einem kleinen Ort in der Grafschaft Sussex. Abgesehen von einigen Wochenendtouristen, die auf dem Weg zur Küste an dem Dorf vorbeikommen und für Lärm und Unruhe sorgen, ist das Leben hier äußerst ruhig und beschaulich. Man könnte fast behaupten Maxley sei aus der Zeit gefallen. Dies ändert sich jedoch, als eines Tages Mrs. Amworth in den kleinen Ort kommt, um sich dort niederzulassen.
Anfangs ist die Dorfgemeinschaft, die zu einem beträchtlichen Anteil aus Pensionären besteht, von der neuen Mitbewohnerin in ihrer Mitte äußerst begeistert. Es hat ganz den Anschein, als sei das Leben nach Maxley zurückgekehrt. Nur Professor Urbridge, ein Experte für alles Übersinnliche und Okkulte, steht der Frau, die behauptet, die letzten Jahre an der Seite ihres Mannes in Pakistan verbracht zu haben, skeptisch gegenüber und macht aus seiner Ablehnung keinen Hehl.
Niemand im Ort kann seine Abneigung gegen die sympathische Mitvierzigerin verstehen, am wenigsten sein Freund und Nachbar Emmet Foster. Erst als es im Ort zu einigen mysteriösen Krankheitsfällen kommt, beginnt Foster den Worten von Urcombe Glauben zu schenken. Kann es tatsächlich sein, dass die Schulmedizin keine Linderung für die Kranken bringen kann, da eine finstere Macht in ihrer Mitte dafür verantwortlich zeihnet? Ist Mrs. Amworth tatsächlich jemand ganz Anderes als alle vermuten?
Die vom englischen Schriftsteller Edward Frederic Benson erdachte Geschichte "Mrs. Amworth" kommt wie der beschrieben Ort Maxley zunächst auf eine äußerst ruhige, geradezu beschauliche Art daher und lässt anfänglich nicht erkennen, in welche Richtung sich die Ereignisse noch entwickeln sollen. Doch mit jeder verstreichenden Minute wird die Spannungsschraube ein klein wenig angezogen, Ruhe und Gemütlichkeit weichen Schritt für Schritt dem Grauen, das sich versteckt in der Dorfgemeinschaft eingenistet hat.
Großer Wert wird bei dieser Inszenierung auf die Atmosphäre gelegt, man nimmt sich Zeit, den Ort Mayley zu beschreiben und dem Hörer die Möglichkeit zu geben sich ein Bild von diesem malerischen Flecken Erde zu machen. Selbiges gilt für die Figurenzeichnung. Den Charakteren wird viel Zeit gewährt sich zu entwickeln und sie gewinnen so deutlich an Tiefe. Dies gilt insbesondere für Foster, Urbridge und Amworth. Bald hat man das Gefühl, die drei Hauptakteure persönlich zu kennen, was ein Übriges dazu tut, sich vollkommen auf den Plot einzulassen.
Nach einiger Zeit dürfte klar sein, dass Benson in "Mrs. Amworth" die Variante eines klassischen Themas der Schauergeschichte wählt, es dabei aber schafft eine eigenständige Geschichte zu erzählen und diesem Subgenre neue Impulse zu geben, was selbst zum Zeitpunkt ihres Entstehens nicht mehr unbedingt leichtgefallen sein dürfte. Bei der Musik konzentriert man sich im Wesentlichen auf klassische Arrangements, die sehr gut zum Setting der Geschichte und der Schauerromantik des frühen 20. Jahrhunderts passen.
Auch hier hat man, wie bei eigentlichen allen Produktionen aus dem Haus Titania, wieder großen Wert auf Atmosphäre gelegt. Anfänglich ist die Idylle von Sussex beinahe greifbar, später fließen immer wieder dunklere und bedrohliche Töne in die Untermalung ein und verdichten die vorherrschende Stimmung nochmals. Die Geräusche sind passend zum Sujet der Handlung eher ruhiger und zurückhaltender Natur und konzentrieren sich eher auf das Wesentliche, sind dafür umso authentischer gewählt und platziert.
Fünf Sprecher sind alles, was man für ein gelungenes Hörspiel benötigt, wie die 102. "Gruselkabinett"-Folge unter Beweis stellt. Die Besetzung ist erstklassig und passt absolut zu den auftretenden Figuren. Sven Dahlems warme und volle Stimme ist eine gute Wahl für die Besetzung des sympathischen Emmet Foster. Eckart Dux scheint die Rolle des raubeinigen und schroffen Professors tatsächlich zu leben und stellt hier wieder einmal unter Beweis, warum er seit Jahrzehnten zur ersten Garde der Hörspielsprecher zählt.
Anita Lochner übernimmt die Rolle der Mrs. Amworth und schafft es problemlos, die verschiedensten Emotionen in ihre Stimme einfließen zu lassen. Ein wirklich ausgezeichneter Auftritt. Marius Claren und Jochen Schröder runden die kleine Riege der Sprecher ab und agieren ebenfalls auf einem sehr hohen Niveau. Mit "Mrs. Amworth" präsentiert das "Gruselkabinett" seinen Hörern die nun mittlerweile dritte Episode in Folge, die keine Wünsche des Fans der klassischen Grusel- und Schauerliteratur offenlässt.