Die Französische Revolution gilt zwar als Meilenstein für die universellen Werte von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, doch ging mit ihrer unmittelbaren Durchsetzung zeitweise ein regelrechter Blutrausch einher – zunächst gegen Ludwig XIV., seine Frau Marie Antoinette und die Unterstützer des Ancien Régime, später auch gegen tatsächliche oder vermeintliche Feinde der 1792 geschaffenen Ersten Republik. Die Revolution frisst ihre Kinder, wie man so schön sagt, und so lag es an den Henkern, die unzähligen Urteile zu vollstrecken. Einer von ihnen war Charles-Henri Sanson, der als der Scharfrichter schlechthin der Französischen Revolution in die Geschichte einging.
Basierend auf Masakatsu Adachis Buch "The Executioner Sanson" hat sich Shin’ichi Sakamoto (mit einiger künstlerischer Freiheit) für "Innocent" seiner Biografie angenommen. Geboren in eine Familie von Henkern lehnt es dieser zunächst ab, auf sein blutiges Handwerk vorbereitet zu werden, nicht nur weil die Sansons zwar gut davon leben können, von vielen aber gehasst und gefürchtet werden. Durch massiven psychologischen und auch physischen Druck lenkt er schließlich ein und soll bei einem Fest des Adels als ersten Test seiner Fähigkeiten einen gefangenen Löwen köpfen. Die Weigerung, sein Schwert gegen das Tier zu erheben, verwickelt ihn allerdings in eine Intrige in höchsten politischen Kreisen.
Abgesehen von dem interessanten historischen Kontext, dem er sich widmet, weiß Shin’ichi Sakamotos Debüt auf dem deutschsprachigen Markt mit unglaublich detailreichen Zeichnungen zu glänzen, deren feinfühlige Linien die mit Folter und Tod angereicherte Atmosphäre inmitten des vorrevolutionären Frankreich perfekt konterkarieren. Somit gerät der Auftakt von "Innocent" nicht nur zu einer äußerst anregenden Lektüre, was die Beschäftigung mit der Zeit vor und nach 1789 aus einer ungewohnten Perspektive betrifft, sondern auch zu einer Reflexion über den Anspruch, im Namen der Gerechtigkeit über andere Menschen richten zu wollen.