Nur mithilfe der undurchsichtigen Soderquist gelingt von Gartner die Flucht aus der Schweiz. Das nächste Reiseziel lautet Prag.
Die Rettung kommt erst in letzter Sekunde. Trotz der Unterstützung des Heiligen Stuhls gelingt es von Gartner nicht, seine Verfolger abzuschütteln. In einem brutalen Kampf scheint die Niederlage unausweichlich und die kleine Marie Dufage fällt erneut in die Hände des unbekannten Feinds. Doch plötzlich kommt Hilfe von unerwarteter Seite, eine unbekannte Frau greift in das Geschehen ein und bewahrt von Gartner vor dem sicheren Tod. Die Flucht ist jedoch keinesfalls zu Ende. Oberstes Gebot ist es, die Schweiz auf schnellstem Wege in Richtung Tschechien zu verlassen.
Dort erhofft man sich, endlich mehr über die geheimnisvollen Engel und ihre Herkunft zu erfahren. Der in der Nähe von Prag lebende und als Medium arbeitende Pavel Kollar scheint mehr über die geflügelten Geschöpfe zu wissen. Währenddessen muss Il-Gibr erkennen, dass er von seinen langjährigen Freunden und Wegbegleitern hintergangen wurde. Trotz des geglückten Transfers in einen neuen Körper ist der Traum von einem neuen unabhängigen Leben innerhalb weniger Sekunden zunichtegemacht. Seine große Liebe wurde ermordet und seine neugeborene Tochter an einen unbekannten Ort verschleppt. Doch Il-Gibr ist keinesfalls bereit seinen ehemaligen Wegbereitern das Feld zu überlassen und schwört blutige Rache, auch sein Weg scheint in die Goldene Stadt an der Moldau zu führen.
Auch im vierten Teil von "Fallen" konzentriert sich die Handlung im Wesentlichen auf zwei Stränge, die den Plot weiter vorantreiben. Im Falle von Gartners verlagert sich die Geschichte von der Schweiz nach Tschechien. Hier gibt es endlich Antworten auf einige der im Laufe des Geschehens aufgeworfenen Fragen, jedoch nicht ohne direkt einige neue Rätsel zu präsentieren. Gerade darin besteht ein großer Reiz dieser noch jungen Hörspielserie. Immer wenn man meint, endlich alle Puzzleteile in den Händen zu halten, offenbart sich unter den gelösten Fragen ein neues Geflecht von Geheimnissen. Die Actionelemente rücken dabei etwas in den Hintergrund zugunsten längerer Dialoge, die allerdings vor Humor und Wortwitz nur so sprühen.
Dem stehen die Ereignisse um den Engel Il-Gibr gegenüber, der beschlossen hat, seiner Gemeinschaft den Rücken zukehren eigene Wege zu beschreiten. Doch schnell muss er erkennen, dass man seine eigenen Wurzeln nicht einfach vergessen kann. Die Rache seiner Brüder ist fürchterlich. Seine ehemaligen Freunde ahnen jedoch nicht, was für einen mächtigen Feind sie sich geschaffen haben, dessen Wut und Trauer ein Ventil brauchen. Eindringlich wird beschrieben, wie der einfühlsame und liebevolle Il-Gibr sich in eine dunklere Variante seines Selbst verwandelt, die vom Gedanken an Rache getrieben wird. Die Atmosphäre beider Handlungsebenen ist erneut äußerst dicht ausgefallen, auch wenn der Grundtenor der verschiedenen Szenen nicht unterschiedlicher hätte sein können. Während von Gartner in eher gelöster Stimmung versucht Antworten zu erhalten, strahlen jene Momente, in den Il-Gibr in den Fokus rückt, eine fast greifbare Melange aus Zorn, Verzweiflung und Agonie aus, die seinen Verlust für den Hörer auf eindringliche Weise spürbar macht.
Absolut hervorheben muss man die Dialoge dieser Episode. Die Worte sind geschliffen und fast jeder Satz scheint am rechten Fleck zu sitzen, dazu fließt des Öfteren eine hemdsärmelige Art von Humor in die Gespräche ein, die nie künstlich wirkt. In vielen Hörspielen ist die Musik lediglich ein begleitendes Element oder eine Möglichkeit, um bestimmte Stimmungen zu verstärken. "Fallen" geht hier andere Wege. Die Musik ist hier Teil eines großen Ganzen, sie steht gleichberechtigt neben Sprache und Geräusch. Ebenso ungewöhnlich, aber im vorliegenden Fall keinesfalls unpassend ist die Tatsache, dass auch Stücke mit Gesang zum Zuge kommen, die sich hervorragend in den Gesamtkontext einbetten.
Die Arbeit der beteiligten Sprecher ist eine wahre Ohrenweide, schwache Leistungen sucht man hier vergeblich. Das Highlight dieser Episode ist allerdings zweifellos der Auftritt von Hennes Bender und Torsten Sträter. Was die beiden hier abliefern ist wirklich großes Kino. In ihren Rollen als tschechisches Bruderpaar entwickeln sie einen ganz eigenen Sprachrhythmus, der einen sofort aufhorchen lässt. Dazu werden hier Charaktere mit einer Fülle von Eigenarten mit Leben gefüllt und keine Texte interpretiert. Wenn das Ganze dann auch noch auf höchste Art und Weise abgedreht und witzig daherkommt, kann man nur von einer Punktlandung sprechen. An dieser Stelle wird aber wieder einmal überdeutlich, was eine ordentliche Regie aus den Sprechern hervorbringen kann.
Ebenfalls großartig agiert erneut Lilli Martha König in der Rolle der Marie Dufage. Selten kommt man in den Genuss einer so überzeugenden und natürlichen Interpretation eines kleinen Mädchens, das keinesfalls auf den Kopf gefallen ist und dabei für das eine oder andere schiefe Grinsen beim Hörer sorgen dürfte. Kaya Marie Möller sorgt mit ihrer Performance dafür, dass man absolut davon überzeugt ist, dass Soderquist gerne an einem ganz anderen Ort wäre. In jedem Wort schwingt eine Mischung aus Ablehnung, Langeweile und Genervtheit mit, dass es eine wahre Freude ist. Ihre Arbeit kann man ebenfalls mit dem Siegel "absolut überzeugend" etikettieren. Dazu kommen glänzend aufgelegte Sprecher wie Florian Halm, Frank Röth, Tilo Schmitz und viele weitere bekannte Namen, die mit großem Eifer zu Werke gehen.
Zwar bleiben viele Fragen noch im Dunkeln, allerdings bekommt man langsam eine Ahnung, in welche Richtung sich die Geschichte entwickeln könnte. Der Plot macht auch im vierten Durchgang großen Spaß und hält immer noch eine Menge Rätsel und Geheimnisse für den Hörer bereit, die einem dem Finale entgegenfiebern lassen. Wenn ihr in diesem Jahr nur eine Hörspielserie hören und kaufen wollt, kann "Fallen" nur der Favorit fürs Siegertreppchen sein.