Deutschsprachige Fans bekommen nun doch noch den neuen, "All-New All-Different"-Relaunch des blinden Superhelden kredenzt. Dabei ist es vor allem sein Sidekick Blindspot, der das Vermöbeln übernimmt.
Anfangs sitzt Matt Murdock noch inkognito als Mr. Levasseur entspannt bei einer Runde Poker in der chinesischen Sonderverwaltungszone Macau. Und nur unschwer ist zu erraten, dass er dort nicht nur wegen der Freude an einem guten Blatt den Spielersessel wärmt. Diese Vermutung bewahrheitet sich, als Spider-Man unterstützend eingreift und dem verhinderten Pokerprofi bei der Suche nach einem geheimnisvollen Koffer zur Seite steht. Zurück in Hell's Kitchen hat Matt ganz andere Probleme und nachdem er einen wichtigen Fall verloren hat, wird er von seinen enttäuschten Vorgesetzten mit Arbeit eingedeckt.
Deshalb bleibt ihm keine Zeit, um auf nächtliche Verbrecherjagd zu gehen. Gut nur, dass es sich sein neuer Sidekick Blindspot nicht nehmen lässt, alleine für Ordnung zu sorgen. Aber die neue rechte Hand des umstrittenen Superhelden gerät schnell an ihre Grenzen, als ein irrer Serienkiller namens Muse beginnt Inhumans abzuschlachten und durch seine Opfer seinen kranken Sinn für Kunst auszudrücken.
Aufgrund mangelnder Verkaufszahlen hieß es eigentlich, dass Daredevil in Deutschland vorerst nicht veröffentlicht wird. Doch die Fans gaben ihrem Unmut darüber Ausdruck, der sich nicht ignorieren ließ, und so ist vorliegender Band quasi so etwas wie ein Testlauf, mit dem die Verkaufszahlen und das Interesse der Leser geprüft werden sollen. Autor Charles Soule, der selbst Anwalt (zudem auch Musiker und Schriftsteller) ist, bringt mit seinem Wissen (und der Erfahrung, die er etwa bei "Swamp Thing", "Red Lanterns" oder
"Inhuman" sammelte) den perfekten Hintergrund mit und so wurden er sowie die Zeichner Ron Garney (
"Wolverine: Weapon X") und Goran Sudžuka (
"Ghosted") mit den neuen Abenteuern Daredevils betraut. In vorliegendem Band findet man mit den US-Ausgaben 8-14 der neuen Reihe eine sozusagen abgeschlossene Geschichte.
Dient die Pokerrunde mit Spider-Man noch zum Warmlaufen, geht es bei den folgenden Kapiteln richtig zur Sache. Die Zeichnungen sind in ihrer teilweisen Skizzenhaftigkeit überraschend griffig und vermitteln ein hohes Tempo, die Dialoge sind prägnant und auf das Wesentliche konzentriert und mit Muse hat man einen hervorragenden Bösewicht mit Kultpotential. Alles richtig gemacht also. Bei solch einem atemberaubenden Appetizer sollte die Lust der deutschsprachigen Leserschaft zumindest soweit geweckt sein, dass einer weiteren, auch für den Verlag lukrativen Veröffentlichung von Daredevil-Abenteuern nichts mehr im Wege stehen sollte.