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Gruselkabinett 111

Neben der Liebe dürfte Hass das stärkste Gefühl sein, das der Mensch empfindet. Wie tief er in der menschlichen Seele wurzeln kann, zeigt ein erst nach Jahrzehnten umgesetzter Racheplan.

(C) Titania Medien / Gruselkabinett 111 / Zum Vergrößern auf das Bild klickenBevor Montrésor zum letzten Mal seine Augen schließt, ist es ihm ein großes Anliegen sein Gewissen zu erleichtern, denn was keiner ahnt ist, dass er in seiner Vergangenheit große Schuld auf sich geladen und einen Mord begangen hat. Damit die Nachwelt besser verstehen kann, was seine Motivation für die grausame Tat war, schildert Montrésor eine tragische Geschichte, die sich über mehrere Jahrzehnte erstreckt.


Bereits seit seiner Jugend kreuzten sich seine Wege immer wieder mit dem überheblichen und herablassenden Fortunato, der in seiner früheren Funktion als Richter sogar nicht davor zurückschreckte, ein willkürliches Todesurteil über ihn zu fällen, dem er nur knapp entrinnen konnte. Bereits zu diesem Zeitpunkt reifte in Montrésor der Wunsch nach Rache, über die Jahre ersann er einen perfiden Plan, der bis ins letzte Detail ausgefeilt wurde und letztlich nur ein Ziel kennt – den Tod des verhassten Fortunato.


Mit Folge 111 kehrt mit Edgar Allan Poe ein absoluter Meister der Schauerliteratur ins "Gruselkabinett" zurück, aus dessen Werk hier gleich zwei Geschichten ihre Aufarbeitung als Hörspiel erfahren. Titania Medien verknüpft die Ereignisse aus "Die Grube und das Pendel" auf stimmige Weise mit jenen aus "Das Fass Amontillado". So wird im ersten Part der Geschichte die unheilvolle Saat für die Ereignisse im zweiten gelegt. Der Ausflug in die Jugend von Montrésor besticht mit einer eindringlichen Atmosphäre, die kaum Zeit zum Luftholen lässt, wenn wir den erschütternden Ereignissen im Kerker folgen, in denen Montrésor dazu gezwungen wird, um sein Leben zu kämpfen mit äußerst geringen Chancen, dem Tod mehr als nur ein paar Minuten abzuringen.


Es geht eine enorme Sogwirkung von den geschilderten Begebenheiten tief in den Verliesen der italienischen Metropole aus, die einen an den Fingernägeln kauend hoffen lassen, dass der unschuldige Montrésor dem ihn angedachtem Schicksal doch noch entgehen kann. Immer wenn sich ein trüber Hoffnungsschimmer einstellt, dass dies dem jungen Mann doch noch gelingen könnte, hält das Schicksal eine weitere noch bedrohlichere Abscheulichkeit bereit, sodass der Überlebenskampf zunehmend wie der verzweifelte Versuch wirkt, das Unvermeidliche hinauszuzögern.


Der zweite Teil der Geschichte widmet sich schließlich dem Sinnen nach Rache, das in einem perfiden Plan mündet, Fortunato unerkannt für immer verschwinden zu lassen. So erfahren wir, zu welchen Grausamkeiten der Mensch in der Lage ist, allein um sich unterhalten zu lassen und seine primitivsten Triebe zu befriedigen. Gerahmt werden die beiden für sich stehenden Erzählungen durch die Lebensbeichte Montrésors, was sie zu einem äußerst dichten und atmosphärisch stimmigen Ganzen vereint. Wie immer werden auch die beiden hier vertonten Werke Poes von einer morbiden Grundstimmung geprägt, etwa dann wenn Ratten die Fesseln durchnagen und dafür sorgen, dass der Gepeinigte ein noch grausameres Schicksal erleidet.


Überraschend ist, wie die thematisierten, eher makabren Themen manchmal geradezu heiter bearbeitet werden, insbesondere in jenen Momenten, wenn Fortunato unbewusst seinem brutalen Ende entgegengeht. Ein wirkungsvolles Mittel in diesem Zusammenhang ist die musikalische Gestaltung, die Szenen immer wieder stimmig akzentuiert und mit den passenden Klängen versieht. So erhält die Karnevalszeit trotz der leichten Melodien eine dunkle und bedrohliche Note, wenn sich Fortunato unweigerlich mit dem Tod konfrontiert sieht.


Die Geräusche sind von eher dezenter Natur und treten nur da in den Vordergrund, wo sie sinnvoll erscheinen und eine Szene somit für den Hörer plastischer werden lassen. Das absolute Prunkstück dieser Episode ist allerdings die formidable Besetzung der beiden Hauptrollen mit den beiden Altmeistern des Hörspiels Eckart Dux und Jürgen Thormann, die hier verbal auf so hohem Niveau die Säbel kreuzen, dass man vergnügt mit der Zunge schnalzt.


Hinter diesen beiden beeindruckenden und wortgewaltigen Stimmen muss im vorliegenden Fall alles anderen ins zweite Glied zurücktreten. Hier bedeutet dies jedoch nicht Zweitklassigkeit, sondern einfach die gewohnte Qualität, die die von Titania gebuchten Sprecher bei der Arbeit auszeichnet. Dies sind im Einzelnen Herbert Schäfer, Johann Raspe, Matthias Lühn, Louis Friedemann Thiele und Florian Jahr. Abschließend kann man den "Gruselkabinett"-Machern zu dieser neuen und spannenden Umsetzung zweier Geschichten aus der Feder Edgar Allan Poes nur gratulieren, da hier aus etwas Gutem etwas noch Besseres erwachsen ist.


 
# # # Justus Baier # # #



Publisher: Titania Medien




 


 
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