Während Norman Osbornes Ägide als oberster Sicherheitschef der USA entdeckt Nick Fury, dass er jahrelang für seine schlimmsten Erzfeinden gearbeitet hat.
Die von Jim Steranko geschaffenen Solo-Abenteuer von Nick Fury gehören nicht nur aufgrund ihres psychedelisch angehauchten, innovativen Artworks zu den wichtigsten Stoffen des "House of Ideas" aus den späten 1960er Jahren, sondern etablierten den Mann mit der Augenklappe auch in seiner damals neuen Rolle als Superspion inmitten der aus dem kreativen Boden sprießenden Superhelden-Gemeinschaft. Hachette hat die 1966-1968 entstandenen Storys erfreulicherweise in seiner ersten, 2013 gestarteten Marvel-Sammelreihe (in den Bänden
94 und
96) veröffentlicht und außerdem mit
"Battle Scars" jenes Nachspiel des Crossovers "Fear Itself" nachgelegt, in dem mit Marcus Johnson der Sohnemann des langjährigen SHIELD-Bosses debütierte.
Während dieser inzwischen die Nachfolge seines alten Herrn angetreten hat (und auch optisch dessen von Samuel L. Jackson dargestelltem Leinwand-Pendant gleicht, das wiederum auf der "Ultimate"-Version beruht), widmet sich der vorliegende Band der "roten" Marvel-Kollektion dem alten Haudegen und beinhaltet Material, das im Abstand von rund 45 Jahren entstand. Den Auftakt bestreitet nämlich die erste Nummer von "Sgt. Fury and his Howling Commandos" von 1963, in der die rückblickend erzählten Abenteuer des knarzigen Zigarrenfreunds im Zweiten Weltkrieg vom legendären Gespann Lee/Kirby ihren Anfang nahmen. Danach folgen "Secret Warriors" 1-6 von 2009 mit dem ersten, zur Zeit von "Dark Reign" angesiedelten Handlungsbogen der Serie.
Nick Fury findet sich in einer radikal veränderten Situation wieder: Als Folge des Versagens von SHIELD während der
"Secret Invasion" und seiner Ausschaltung der Skrull-Königin hat sich ausgerechnet Norman Osborn zum obersten Leiter der Sicherheitsbehörden der USA aufgeschwungen und einen eigenen Apparat namens HAMMER etabliert. Furys Organisation hingegen wurde der Garaus gemacht und er selbst in den Untergrund gezwungen, doch der wahre Paukenschlag kommt erst, als er entdeckt, dass diese von Anfang an in Wahrheit von Hydra kontrolliert wurde. Um deren Anführer Baron Strucker Paroli zu bieten, bleibt ihm nichts anderes übrig als seine Kameraden von früher wieder zusammenzutrommeln.
Von Stefano Caselli ansehnlich zu Papier gebracht vereint der Auftakt von "Secret Warriors" augenscheinlich zwei Merkmale seiner beiden Autoren: Die munteren Zeitsprünge innerhalb der Handlung gehen auf Jonathan Hickman zurück, die knackige Dialogarbeit auf Brian M. Bendis. Zusammen rühren sie einen flotten Action-Cocktail an und umschaffen dabei die erzählerischen Klippen, an denen sie solistisch manchmal zerschellen (ausuferndes Plaudern einerseits und zu komplexe, verwirrende Handlung andererseits). Ihre Standortbestimmung von Nick Fury (nicht nur) in einer Marvel-Welt, die sich ständig ändert und ihn zum alten Eisen zu machen droht, ist jedenfalls eine äußerst kurzweilige Lektüre.