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Deus Ex: Der Icarus-Effekt

Der titelgebende Effekt bezeichnet die menschliche Furcht vor dem Unbekannten, das Bedürfnis nach Kontrolle.

(C) Panini Books / Deus Ex: Der Icarus-Effekt / Zum Vergrößern auf das Bild klickenGemäß der griechischen Mythologie stürzte Ikarus ins Meer, nachdem er den Rat seines Vaters Dädalus missachtet hatte, und infolgedessen der Sonne übermütigerweise zu nahe kam. Bedingt durch deren Hitze schmolz das Wachs und die bis dahin zusammen gehaltenen Flügeln zerbrachen. Der Ikarus-Effekt meint somit die menschliche Kontrolle des Absturzes – entfernt sich der Mensch von einem ihm zugedachten Pfad, so nehmen sich die Drahtzieher im dystopischen "Deus Ex"-Universum das Recht heraus, die Flügel zu stutzen. Die Abweichler stürzten ab und spielen für die Entwicklung der Menschheit keine Rolle mehr.


Folglich kann "Deus Ex: Der Icarus-Effekt" als Sci-Fi-Roman gewertet werden, der mit immanenten Transhumanismus-Ängsten unserer Gesellschaft (Stichwort: Gentechnik, Stammzellenforschung, Klon-Experimente) spielt. Ästhetisch stilecht und intelligent verpackt in ein von Verschwörungstheorien geprägtes Cyberpunk/Sci-Fi-Universum, werfen Roman und Videospiele einige überaus interessante Fragen auf: Wie weit darf die Menschheit gehen um sich selbst "neu zu gestalten"? Mit welchen Mitteln steht es uns zu, Entwicklungen zu stoppen oder voranzutreiben?


Da das Skript zum hochgelobten "Deus Ex: Human Revolution" ebenfalls aus Jack Sallows Feder stammt, ist es wenig überraschend, dass Kenner des aktuellen "Deus Ex"-Titels sowie der Vorgängerspiele sofort in den Bann des Buchs gezogen werden. Doch selbst aus dem Blickwinkel des unbedarften Greenhorns sollte der Roman eine solide Einstiegsmöglichkeit bieten sowie eine passablen Impuls geben – von ein wenig Mühe zu Beginn einmal abgesehen, um in ein faszinierendes Cyperpunk-Universum einzutauchen. Sind die ersten Kapitel geschafft, finden sich auch Neulinge rasch von der Dynamik der sich entfaltenden Dramaturgie gefesselt, schnell vergessen ist die anfängliche Überforderung bedingt durch Swallows Neigung, in den ersten Kapiteln mit zu vielen Charakteren, unbekannten Namen (und überproportional häufigen technischen Begriffen im Zusammenhang mit den in "Deus Ex" handlungstragenden Augmentationen) um sich zu werfen.


Dem Autor gelingt jedoch das Kunststück, die Geschichte durchwegs spannend zu erzählen und dabei die Story bis zum Schluss geheimnisvoll zu halten. Swallow schafft es darüber hinaus, einen beachtlich gehaltvollen und erzählerisch fesselnden Blick auf die fiktive und dystopische Vision des Jahres 2027 zu werfen. Gleichermaßen werden die Protagonisten der Geschichte ebenso wie der Leser über die Drahtzieher der Verschwörung weitestgehend im Dunkeln gelassen, lediglich ein Kapitel vermittelt eine ungefähre Ahnung zur Motivation der Drahtzieher. Einer der Stärke des Romans ist Swallows Leistung, Figuren aus dem ersten sowie dem zweiten Teil der Videospielserie glaubwürdig in die Handlung des Buchs einzuflechten, um deren Vorgeschichte und Motivation zu beleuchten. Nebenfiguren wie Gunther Hermann oder Morgan Everett erhalten im Roman sogar in einigen Kapiteln eine tragende Rolle zugewiesen. Der rote Faden des Romans stützt sich auf eine private Armee, den Tyrans, sowie dem Söldner Ben Saxton auf der einen Seite und der Secret Service Agentin Anna Kelso auf der anderen Seite.


Erzählt werden zwei Handlungsstränge, die am Ende zusammengeführt werden. Beide streifen die Geschichte von "Human Revolution" nur an einem Punkt – als die Tyrants den Befehl erhalten, das Sarif-Gebäude zu überfallen. Der Angriff führt unter anderem zu schweren Verletzungen von Adam Jensen, dem Helden des Spiels. Sechs Monate nach dem Überfall nimmt er die Spur der Angreifer auf, der Plot des Buchs endet jedoch bevor er wieder seinen Dienst antreten kann. Wem die Welt von "Deus Ex" bis dato gänzlich verschlossen geblieben ist, der wird zu Beginn ein wenig Mühe haben, sich nach dem sprichwörtlichen Wurf ins kalte Cyperpunk-Wasser zurechtzufinden. Alle Neulinge, die das Wagnis jedoch auf sich nehmen und sich durch die ersten Kapitel kämpfen, tauchen schnell in die fesselnde und mysteriös-dystopische Welt von "Deus Ex" ein. Mit "Der Icarus-Effekt"  bietet sich das ideale literarische Sprungbrett, um in eine der atmosphärisch dichtesten sowie überaus intelligent arrangierten Cyberpunk-Dystopien der Videospielwelt einzutauchen.



# # # Karl H. Stingeder # # #



Publisher: Panini Books





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