Hollow Skai, Zeitzeuge, Szene-Kenner und Protagonist (No Fun, Sounds) der Neuen Deutschen Welle legt einen sachkundigen, flott geschriebenen Abriss dieser pophistorisch bedeutenden Epoche vor.
In the beginning, there was Punk. Große deutsche Plattenfirmen versuchten Ende der 1970er auf den fahrenden Zug aus England aufzuspringen und den neuen Musiktrend auch in der BRD zu lancieren (und in klingende Münze umzuwandeln). Diesen ersten (oft Retorten-) Bands (Straßenjungs, Big Balls & The Great White Idiot) war allerdings weder kommerzieller noch szeneinterner Erfolg beschieden, die großen Plattenfirmen zogen sich aus dem Geschäftszweig "Punk" zurück.
Nun schlug die Stunde von jungen Enthusiasten (mit den Zentren Berlin, Hamburg und Düsseldorf), und alsbald entstand eine prosperierende Szene, die aufgrund der Ignoranz des Marktes independent operierte. Eine Vielzahl von Bands, Fanzines und unabhängigen Labels (Rondo, No Fun, ZickZack etc.) entstand.
Mit zunehmendem Erfolg und steigender öffentlicher Aufmerksamkeit wurde der von Alfred Hilsberg für junge deutsche Punkbands erfundene Begriff "Neue Deutsche Welle" alsbald von der Plattenindustrie okkupiert, die nun eigene, leichter konsumerable Bands und Musiker unter dem Label NDW produzierte und damit den Markt alsbald übersättigte, was schließlich zur Diskreditierung und in weiterer Folge zum Untergang dieser Musikrichtung führte.
Nichtsdestotrotz bleibt einiges von der NDW, und auch diesen Spuren geht Hollow Skai nach: Die Entstehung eines Independent-Szene in Deutschland ist der NDW geschuldet; Bands wie Die Ärzte oder Die Toten Hosen avancierten im weiteren Verlauf der Geschichte zu Stars; die Hamburger Schule wäre ohne NDW wohl nicht denkbar gewesen; auch in Bands wie Juli, Silbermond oder Wir sind Helden sieht Hollow Skai durchaus Erben der Neuen Deutschen Welle.
In den letzten Jahren ist eine Vielzahl von Büchern erschienen, die sich mit dem deutschen Punk/der NDW beschäftigen (zum Beispiel Extrabreit-Sänger Kai Hawais Erinnerungen "Hart wie Marmelade", Rocko Schamonis "Dorfpunks", und vor allem Jürgen Teipels "Verschwende Deine Jugend", das mittlerweile zu einem Standardwerk avanciert ist und das von Hollow Skai auch ausgiebig zitiert wird). Ihnen gemein ist, dass sie ausschließlich mit persönlichen Betrachtungen beziehungsweise den Mitteln der Oral History arbeiten.
Auch Hollow Skai schöpft aus den Tiefen seiner subjektiven Erinnerung, geht jedoch weiter und versucht daneben, die Entwicklung aus einer objektiveren Sicht zu schildern, von den Anfängen des Punk made in Germany bis zum industriellen Ausverkauf der NDW. Nicht immer geht diese Hybridform hundertprozentig auf; am besten ist Hollow Skai dann, wenn er mit eigenen Erfahrungen und Erinnerungen arbeitet (Beispiel: die Hannoveraner Szene mit Bands wie Hans-A-Plast, Der Moderne Man, Bärchen und die Milchbubis etc.). Das ist überhaupt ein großer Verdienst von Hollow Skai: Im Gegensatz zu Teipel beschränkt er sich nicht nur auf die Szenen in den großen Städten, sondern beschäftigt sich auch mit der "Provinz".
Ein besonders prägnantes Beispiel: Der Silvesterabend 1979/1980. In Hamburg findet Alfred Hilsbergs drittes Markthallenfestival "Geräusche für die 80er" statt, das einen Fixplatz in der Geschichte der NDW einnimmt. Hollow Skai konterkariert dieses Ereignis mit seinen Erinnerungen an einen desaströsen Auftritt von Hans-A-Plast im der Kleinstadt Hagen (die bald ihren Ruf als Wunderstädtchen der NDW genießen sollte – Nena und Extrabreit seien genannt).
Neulingen in Sachen NDW bietet das sachkundige Buch einen hervorragenden Einstieg in das Thema (und zwar in all seiner Breite und Tiefe); Kennern wird einiges schon aus anderen Quellen vertraut sein - durch Hollow Skais persönliche Erinnerungen lassen sich aber neue Einblicke gewinnen. Eine Zeittafel, eine Diskographie und eine Bibliographie beschließen "Alles nur geträumt – Fluch und Segen der Neuen Deutschen Welle"; weiterführende Informationen finden Interessierte im Blog zum Buch: