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Comic-Review: Wimbledon Green (Edition 52)

Wer beim Titel dieses Comics an Boris Becker, Tennis und den grünen Rasen denkt, ist auf dem Holzweg. "Wimbledon Green" ist, wie der Untertitel verkündet, "der größte Comicsammler in der Welt". Der kanadische Zeichner Seth öffnet für uns seinen Skizzenblock und erzählt dessen Geschichte.

wimbledon_green_cover (c) Edition 52 / Zum Vergrößern auf das Bild klickenMüsste man eine Kategorie für diesen Comic (er)finden, so würde man ihn vielleicht eine "Sketchbook Novel" nennen. Denn ursprünglich war "Wimbledon Green" nur eine Fingerübung – inspiriert von anderen Comickünstlern war Seth daran interessiert, eine ganz bestimmte Erzähltechnik auszuprobieren: Das Erzählen und Konstruieren einer längeren Graphic Novel durch eine Vielzahl von Kurz- und Kürzest-Strips, die zusammen dann das große Ganze bilden.


Und so entstand in Seths Skizzenbuch die Lebensgeschichte Wimbledon Greens: Von dessen bescheidenen Anfängen als Comicsammler in den 1960ern, über den Aufstieg zum Besitzer der größten und besten Sammlung der Welt bis zu seinem geheimnisvollen Verschwinden. Dabei lernt der Leser auch die Konkurrenten von Green kennen, die sich zum Coverloose Club zusammen geschlossen haben, wir begleiten den Helden bei der nervenaufreibenden Jagd nach seltenen Ausgaben, und nebenbei erfindet Seth eine ganz neue Historie der Comics und erzählt die Biographien von fiktiven Zeichnern der Golden Age der Comics.


Seth ist unter anderem auch für die grafische Gestaltung der Peanuts-Gesamtausgabe, die auch in Deutsch erhältlich ist, verantwortlich. Und ohne jetzt gewaltsam eine Ähnlichkeit zu Charlie Brown & Co. konstruieren zu wollen, fallen doch Gemeinsamkeiten ins Auge: Die von großer Empathie und lakonischem Humor getragene Charakterisierung der Protagonisten mit all ihren Eigenheiten und auch Schwächen – manchmal durchaus auch ironisch, ohne aber je ins Böswillige oder gar Denunziatorische abzugleiten. Das alles erinnert stark an Charles M. Schulz.


Wie aus der Entstehungsgeschichte des Comics klar wird lag das Hauptinteresse an der Erzähltechnik, die grafische Ebene spielt eine untergeordnete Rolle. Mit lässigem (aber nicht nachlässigem!) und schnellem Strich ist der Comic gezeichnet ("Die Personen sind grob und unförmig. Sie bestehen alle nur aus Ballons und Autoreifen", meint Seth im Vorwort), sein typischer Zeichen-Stil schimmert zwar durch, aber man darf von den Panels aus dem Skizzenbuch natürlich nicht dieselbe Ausgefeiltheit erwarten wie von anderen Arbeiten.


Gerade das macht aber auch den Charme von "Wimbledon Green" aus: Der Work-in- progress-Charakter des Comics wird dadurch noch einmal nachdrücklich betont und der Band bietet in seiner scheinbaren Unfertigkeit einen sehr intimen und puren Einblick in die Welt seines Schöpfers.


Ein großes Lob auch den deutschen Herausgebern für die liebevolle und bibliophile Aufmachung dieses beeindruckenden Comics. Seths flüchtig/flüssig hingeworfene Geschichte aus dem Skizzenbuch schlägt so manche lange ausgefeilte Graphic Novel anderer Zeichner um Längen.

# # # Gustav Ganz # # #

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