Metropolis nimmt Abschied von seinem großen Helden, dessen Leiche für einige Personen gefährlich anziehend wirkt.
Wir schreiben die – was Comics betrifft – verrückten 1990er Jahre. Der Markt in den USA brodelt, die Spekulationsblase ist kurz davor zu platzen. Neue erfolgreiche Mitbewerber wie Image Comics oder Valiant setzen den "Big Two", Marvel und DC, ordentlich zu und schnappen ihnen über Jahrzehnte gehaltene Marktanteile weg. Keine Frage, dass die Herrschaften in den Chefetagen etwas nervös werden und auf der Suche nach dem nächsten großen Ding sind, um die Auflagenzahlen wieder in die Höhe zu bekommen.
Bei DC beschließt man, etwas nie zuvor Dagewesenes zu wagen und seinen ultimativen Heroen sterben zu lassen: Superman! Da die parallel laufende TV-Serie "Lois & Clark – The New Adventures of Superman" ("Superman – Die Abenteuer von Lois & Clark") auf die Hochzeit zwischen Clark Kent und seiner Flamme Lois Lane hinarbeiten, aber noch etwas Zeit benötigen, wird eine Story benötigt, die die Zeit dazwischen füllen soll. Unter Federführung von Dan Jurgens konzipiert man einen dreiteiligen Handlungsbogen, der über ein Jahr lang durch die damals vier monatlichen Superman-Serien läuft.
Wie wir im ersten von insgesamt vier Bänden, mit denen Panini das Epos dankenswerterweise endlich wieder zugänglich macht, verfolgen konnten, gelangt das unaufhaltsame Monster Doomsday auf die Erde und segnet nach einer legendär gewordenen Konfrontation ebenso das Zeitliche wie Superman. Band zwei setzt nach dem Showdown ein und lässt sowohl die Superhelden-Community als auch den normalen Mann von der Straße Abschied von der bewunderten Ikone nehmen, allen voran Lois Lane und die Familie Kent.
Die Totenruhe des Stählernen wird jedoch schon nach kurzer Zeit gestört, denn Projekt Cadmus unter der Leitung des skrupellosen Paul Westfield lässt seinen Leichnam aus dem von Lex Luthor errichteten Mausoleum entwenden, um ihn zu klonen. Während die Behörden den dreisten Raub noch geheimzuhalten versuchen, entfaltet sich in Metropolis eine Verbrechenswelle ungeahnten Ausmaßes. Allerlei Ratten kommen aus den Löchern, um die Lücke auszunützen, die durch die Abwesenheit des mächtigen Helden entstanden ist.
Ganz im Gegensatz zum von manchen Lesern und Kritikern als sinnlose Gewaltorgie missverstandenen finalen Kampf zwischen Superman und Doomsday arbeiten die Autoren im Rahmen der Storyline "Funeral for a Friend" die Reaktionen und emotionalen Krisen, von der sowohl das Umfeld des Verstorbenen als auch die Öffentlichkeit ergriffen wird, aber auch die persönlichen und medialen Versuche, den Toten für sich zu vereinnahmen, hervorragend heraus. Nach dem großen Getöse setzt man nun auf starke Gefühle, während im Hintergrund mit den Machenschaften von Projekt Cadmus die Bühne für neues Unheil bereitet wird. Ein clever inszenierter, moderner Comic-Klassiker!
# # # Andreas Grabenschweiger # # #
Publisher: Panini Comics