Von der Öffentlichkeit verachtet und gejagt, kommt Captain America einer geheimen Verschwörung gegen sein Land auf die Schliche.

Comics müssen keineswegs politisch sein, aber bei einer Serie, die sich um einen Charakter mit dem Namen Captain America dreht, sind entsprechende Referenzen an die realen Verhältnisse wohl unvermeidlich. Seine Schöpfung 1941 erfolgte dezidiert aus Gründen des Patriotismus gegenüber dem Unrechtsregime der Nazis im fernen Europa, doch als dieses beseitigt war, ging mit dem verschwundenen Feind auch das Interesse der Leser verloren. Abgesehen von der wenig rühmlichen "Commie Smasher"-Episode in den frühen 1950er Jahren trat die Politik bei Cap anschließend eher in den Hintergrund, auch nachdem er für das "Silver Age"
aus dem ewigen Eis gefischt worden war.
In den Keller rasselnde Verkaufszahlen seiner monatlichen Serie gaben Steve Englehart 1974 freie Hand dafür, den Abenteuern von Steve Rogers eine neue Richtung zu verpassen. Und zwar mit einem Paukenschlag: Ein sogenanntes Komitee für die Erhaltung amerikanischer Prinzipien startet eine Rufmordkampagne gegen Captain America, die schließlich darin gipfelt, dass er wegen der fingierten Ermordung eines Superschurken im Gefängnis landet. Während sein Partner Falcon in Wakanda seine Kräfte ordentlich pimpt, muss Steve alles versuchen, seine Weste reinzuwaschen und das Secret Empire ausschalten, das hinter seinem Niedergang steckt und die Macht an sich reißen will.
Die "Secret Empire"-Storyline aus "Captain America" 169-176 ist untrennbar mit ihrer Zeit verbunden: 1974 war das Jahr, in dem Richard Nixon aufgrund des (auch in der Story erwähnten) "Watergate"-Skandals zurücktrat und das Vertrauen der Amerikaner in ihre Führung nachhaltig erschüttert war. Dass ausgerechnet der oberste Patriot nicht an seinem Land, sondern an dessen Regierung zu verzweifeln beginnt und letztlich die Identität als Captain America ablegt, ist nicht nur ein packend erzählter Actionreißer in mächtiger Marvel-Manier, sondern ein wichtiges Stück Zeitgeschichte. Zeichnerisch nicht minder glanzvoll agiert der legendäre Sal Buscema und lässt die Leser auch an einigen seiner berühmten "Sal Buscema Blasts" teilhaben.