Maggies überschaubare Welt wird plötzlich noch enger, nachdem sich ihre Freundin über Nacht aus dem Staub gemacht hat.
Wer an die wichtigen künstlerischen Impulse für die amerikanische Comic-Industrie denkt, die in den 1980er Jahren von der rasch wachsenden Independent-Szene ausgingen, hat entsprechenden Namen rasch parat: Kevin Eastman und Peter Laird mit "Teenage Mutant Ninja Turtles", Dave Sim mit "Cerebus", Wendy und Richard Pini mit
"ElfQuest" und natürlich die Brüder Hernandez. Ab 1981 brachten Gilbert, Jaime und Mario ihr Magazin "Love and Rockets" heraus, das mit Unterbrechungen bis heute Bestand und ein reichhaltiges kreatives Universum begründet hat.
Während die Beiträge von Mario Hernandez im Laufe der Jahre zurückgingen und immer sporadischer ausfielen, konzentrierten sich seine jüngeren Brüder zusehends auf die von ihnen geschaffenen Charaktere und Szenarios. Die Geschichten von Gilbert trugen sich im Dorf Palomar in Lateinamerika zu, jene von Jaime hingegen in der Stadt Hoppers, die an Oxnard, Kalifornien, angelehnt ist, die Heimatstadt der "Los Bros Hernandez". Rechtzeitig zu seinem 25-jährigen Jubiläum hat Reprodukt mit "Der Tod von Speedy" jenen Band neu herausgebracht, mit dem der Verlag 1991 sein Programm begründete.
Die darin enthaltenen, 1986-1988 von Jaime Hernandez geschaffenen Geschichten drehen sich um die Teenagerin Margarita "Maggie" Chascarillo, deren engste Freundin Esperanza Leticia "Hopey" Glass sie soeben im Haus ihrer Tante zurückgelassen hat, um mit ihrer Punkband zu touren. Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass damit ihre Seelenverwandte außer Reichweite liegt, lassen die amourösen Avancen ihrer Schwester auch noch einen schwelenden Bandenkrieg eskalieren. Während die Tour für Hopey unerwartet schnell und ohne Geld in den Taschen endet, steht mit Ray jemand bereit, um das Loch in Maggies Herz aufzufüllen.
Neben der namensgebenden Story, die einen tragischen (und letztlich der Fantasie der Leser überlassenen) Tod beinhaltet, wird mit Hopeys Odyssee durch das Land die turbulente Punk- und Jugendkultur der späten 1980er Jahre beleuchtet, wohingegen die Episoden mit Maggies Wrestling-Tante die Orientierungslosigkeit der Generation X zwischen Rebellion und Bequemlichkeit widerspiegeln. "Der Tod von Speedy" ist berührend, tragisch, humorvoll und bevölkert von lebensnahen Charakteren – und nicht nur das tolle Artwork lässt die Vermutung aufkommen, dass Terry Moore sich hier möglicherweise Inspiration für
"Strangers in Paradise" geholt hat.