Mit einem Brief von Jack London in der Tasche reist Corto auf gewohnt abenteuerlichen Wegen durch die eisigen Weiten Nordamerikas.
Da soll noch einer sagen, dass die 13 keine Glückszahl ist. Zumindest hinsichtlich einer in Stein gemeißelten Ikone des europäischen Comics war kürzlich nämlich Frohlocken angesagt: 20 Jahre nach dem Tod seines Schöpfers Hugo Pratt (1927-1995) und mehr als ein Vierteljahrhundert nach der der letzten Geschichte "Mu" (1988/89) gab es vergangenes Jahr ein neues "Corto Maltese"-Album mit besagter Nummerierung zu lesen. Der Meister selbst hatte noch zu Lebzeiten einer Fortsetzung der Abenteuer seines liebenswerten Seemanns den Sanktus erteilt, die nun – eingeschoben zwischen den Bänden drei (
"Und immer ein Stück weiter") und vier ("Die Kelten") der tollen Neuauflage von Schreiber & Leser – auch bei uns erschienen sind.
Unter der Regie von Juan Díaz Canales ("Blacksad") und Rubén Pellejero ("Dieter Lumpen") macht Corto Maltese 1915 in San Franciso Station, um seinen Freund, den weltberühmten Schriftsteller Jack London, einen Besuch abzustatten. Der ist jedoch abgetaucht und hat nicht nur ihm, sondern auch einer alten Liebschaft jeweils einen Brief hinterlassen. Motiviert durch einen in Aussicht gestellten Schatz macht sich Corto auf den gefährlichen Weg, der ihn in die unwirtliche Kälte an der Grenze von USA und Kanada führt und mitten hinein ins Gebiet irischer Rebellen und eines mit ihnen verbündeten Inuit-Anführers, der nach zu viel Robbespiere-Lektüre ein Terrorregime errichtet hat.
Überreicht man einem Corto-Novizen diesen Band, wird dieser wohl kaum eine Unterscheidung zum Original von Hugo Pratt treffen können. Und das ist eigentlich das größte Kompliment, das man "Unter der Mitternachtssonne" machen kann: Juan Díaz Canales beschert uns nicht nur ein (wenn auch kurzes) Wiedersehen mit Rasputin, sondern lässt Corto mal hart, mal zart mit den unterschiedlichsten Charakteren zusammentreffen. Mit denen sich natürlich trefflich über Politik, Krieg, die Welt und das Leben im Allgemeinen streiten lässt. Sensationell sind auch Artwork und Kolorierung von Rubén Pellejero, der den Geist der Vorlage zu jeder Zeit perfekt einfängt, ohne zu einer seelenlosen Kopie zu verkommen. Nostalgie für die Zukunft!