Das kongeniale Duo Loeb/Sale hat mit "Spider-Man: Blue" eine berührende Hommage an die unsterbliche Gwen Stacy geschaffen.
Nach der Wiederbelebung von Captain Americas Kampfgefährten James "Bucky" Barnes gibt es nur noch zwei eherne Regeln bei Marvel, was die Rückkehr toter Charaktere betrifft: Peter Parkers Onkel Ben darf ebenso wenig wiederauferstehen wie seine erste große Liebe Gwen Stacy. Nun gut, wenn man einen Blick auf die aktuell in den USA laufenden Spidey-Storys wirft, die bei uns mit einigen Monaten Verspätungen erscheinen werden, könnten einem da wieder einmal Zweifel kommen.
Aber keine Angst, die Spoiler-Warnschilder können wieder gesenkt werden, denn an dieser Stelle soll es ohnehin um die einzig wahre Gwen Stacy gehen, in die sich Peter Parker in den ersten Jahren nach der "Marvel Revolution" verliebt hat. In ihrer sechsteiligen Miniserie "Spider-Man: Blue" widmete sich das für Top-Unterhaltung bürgende Team Jeph Loeb und Tim Sale dem Liebesdreieck, in das Peter Parker unter der Regie von Stan Lee und John Romita sr. geriet als aus dem unscheinbaren Bücherwurm langsam so etwas wie ein gesellschaftsfähiger junger Mann wurde.
Der Bugle-Fotograf ist wie vom Donner gerührt, dass sich die ebenso clevere wie umwerfend hübsche Gwen Stacy für ihn interessiert – problematisch nur, dass ausgerechnet dann das sogenannte "Parker-Glück" zuschlägt und plötzlich Mary Jane Watson mit einem der berühmtesten Sprüche der Comic-Historie vor seiner Tür steht ("Face it, Tiger, you just hit the jackpot!"). Unversehens ist Peter damit konfrontiert, früher oder später eine Wahl treffen zu müssen, ganz abgesehen von seiner für sein Privatleben nicht eben förderlichen Karriere als Superheld.
Von der ersten Seite an umfängt ein strahlender Schimmer von wohltuender Nostalgie den Leser bei der Lektüre von "Spider-Man: Blue": Dafür sorgt nicht nur Tim Sales wunderbares Artwork, das Erinnerungen an den einzigartigen Strich des legendären John Romita jr. weckt und ordentlich Oldschool-Feeling aufkommen lässt, ohne jemals gewollt altbacken zu wirken. Jeph Loebs einfühlsame Erzählung, die sich um eine von Peter Parker auf Kassettenrecorder aufgenommene Botschaft an Gwen Stacy dreht, ist eine der besten Liebeserklärungen nicht nur an den Netzschwinger selbst, sondern auch seine unerlässlichen Supporting characters.