Der Besuch eines alten Freunds ist für die Familie White der Auftakt für eine Reihe dramatischer Ereignisse, die ihr Leben für immer verändern.
Draußen tobt eines der schlimmsten Gewitter, die Großbritannien je erlebt hat. Von alldem bekommt Familie White jedoch nur wenig mit. Man hat sich vor den heimischen Kamin zurückgezogen und verbringt die Zeit mit Schachspielen und gelegentlichen Neckereien. Lediglich die Verspätung ihres angekündigten Gastes beunruhigt die drei. Bereits über eine Stunde warten sie nun schon auf das Eintreffen des alten Jugendfreundes des Vaters, Sergeant-Major Morris.
Keiner rechnet noch wirklich mit einem Besuch des alten Haudegens, als es an der Tür klopft. Die Freude ist zunächst groß, doch es wird schnell klar, dass sich der alte Soldat in einer seltsamen Stimmung befindet. Nachdem er es sich mit einem Whisky am Kamin gemütlich gemacht hat, berichtet der den Whites von einer seiner letzten Reisen nach Indien. Doch anstatt Geschichten über die exotischen Tiere oder die prachtvollen Städte des Landes zu erzählen, lenkt er das Gespräch auf eine merkwürdige Affenpfote, der man magische Kräfte nachsagt.
Zunächst nimmt die Familie die Ausführungen des Sergeant-Major nicht ernst und verbannt die Angelegenheit ins Reich der Fantasie. Doch länger sie den Worten des alten Mannes lauschen, umso sicherer sind sie, dass an der Geschichte doch mehr dran ist als zunächst angenommen. Ihnen gelingt es tatsächlich Moris davon zu überzeugen, ihnen die Affenpfote zu überlassen. Erfüllt die tierische Gliedmaße ihrem Besitzer tatsächlich drei Wünsche? Die Warnungen ihres Gastes ignorierend machen sie gedankenlos von ihren Wünschen Gebrauch.
Wieder einmal wendet man sich im Rahmen des "Gruselkabinett" einem klassischen Bestandteil des Horrorkanons zu. Im Fokus stehen Menschen und Gegenstände, die ihren Mitmenschen und Besitzern Wünsche erfüllen. Leider hat oft jeder geäußerte Wunsch einen hohen Preis. So vermehrt sich zunächst auf den ersten Blick Glück, Macht und Reichtum derjenigen, die ihre Wünsche geltend machen, doch dafür verwandelt sich ihr Leben Stück für Stück in einem Albtraum.
"Die Affenpfote" von William W. Jacobs ist hier keine Ausnahme. Sehenden Auges taumelt die glückliche Familie dem unvermeidlichen Untergang entgegen. Wer sich etwas eingehender mit der Schauer- und Gruselliteratur auseinandergesetzt hat, wird schnell erkennen, wohin die Reise inhaltlich geht. Zumal man nicht aus dem Auge verlieren darf, wann "Die Affenpfote" verfasst wurde – zu einem Zeitpunkt, als viele Variationen dieser Thematik noch gar nicht existierten.
Der Bekanntheitsgrad des Inhalts schmälert jedoch nicht das Hörvergnügen, wenn Umsetzung und Produktion zu gefallen wissen. Es dauert etwas, bis die Ereignisse an Fahrt aufnehmen, zunächst räumt man den Aufbau der Atmosphäre und der Schilderung der Lebensumstände der Familie weiten Raum ein, bevor die unheimlichen Vorkommnisse in den Vordergrund treten und dem Hörer manch gruseligen Moment spendieren.
Bei der Verwendung von Soundeffekten sind die Produzenten mittlerweile alte Hasen, wenn es darum geht, die richtige Stimmung zu erzeugen, in der eine gepflegte Schauergeschichte wachsen und gedeihen kann. So tobt auch hier ein ausgewachsenes Gewitter ums Haus und das Feuer knackt heimlich im Kamin, dazu gesellen sich unheimliche Affenlaute, die einen schnell die Realität vergessen lassen. Die verwendeten Musikstücke tun ein Übriges dazu, um die Szenerie mit gespenstischen Leben zu füllen und man kann nicht anders als mitzufiebern, ob es den Whites gelingt, ihrem vorgezeichneten Schicksal zu entgehen.
Genau genommen ist "Die Affenpfote" ein Kammerspiel, da weite Teile der Handlung in den Wohnräumen der Whites stattfinden. Niemand ist hier mehr gefordert als die Sprecher, denen es gelingen muss, die dramatischen Ereignisse glaubwürdig zum Hörer zu transportieren. Umso schwieriger, wenn sich die Zahl der Akteure auf gerade einmal sechs Namen beläuft, wobei man genau genommen den Erzähler außen vorlassen muss, da er die Ereignisse lediglich rahmt und in einen Kontext setzt.
So bleiben lediglich fünf Protagonisten übrig, um die Geschichte angemessen zu präsentieren. Und dies ist auf ganzer Linie gelungen. Harald Dietl und Regina Lemnitz in den Rollen des Ehepaars White schaffen es mühelos, das Wechselbad der Gefühle, das ihre Figuren durchleben, glaubwürdig umzusetzen. Allerdings muss man sagen, dass Regina Lemnitz und Hasso Zorn in der letzten Zeit ein wenig überrepräsentiert im "Gruselkabinett" erscheinen. Zweifellos machen sie dabei immer eine ausgesprochen gute Figur, doch kann etwas Abwechslung sicher nicht schaden, schließlich gibt es so viele tolle Stimmen dort draußen.
Ergänzt werden die bereits erwähnten Stimmen durch Max Felder, der die Rolle des jungen und lebenslustigen Sohnes der Familie auf den Punkt bringt und Erich Ludwig als alter, desillusionierter Soldat, der bereits zu viel in seinem Leben gesehen hat. "Die Affenpfote" ist eine solide und unterhaltsame Gruselgeschichte, die allerdings bei der Masse von guten bis sehr guten Geschichten innerhalb des "Gruselkabinett" keinen der vorderen Ränge belegen kann.