Von Unbekannten in die Ukraine verschleppt, sieht sich Dorian Hunter urplötzlich mit einer bisher unbekannten Bedrohung konfrontiert, die sich in einem abgelegenen Bergdorf verborgen hielt.
Dorian Hunter erwacht in einem dunklen Raum. Unbekannte haben ihn überwältigt und außer Landes in die Ukraine geschafft. Hier konfrontiert ihn der undurchsichtige, aber scheinbar einflussreiche Kiwibin mit einer längst vergessenen Geschichte aus seiner Vergangenheit. Vor Jahren hatte er in Russland und der Ukraine Nachforschungen zu einem geheimnisvollen Foto angestellt, das eine attraktive junge Frau in der Gesellschaft eines abstoßenden Monsters zeigte. Damals wurden die Untersuchungen den örtlichen Behörden zu heiß und Hunter des Landes verwiesen.
Nun haben sich die Zeiten geändert und so bricht der Dämonen-Killer nicht ganz freiwillig in ein verschneites Gebirgsdorf in Transkarpatien auf, um der Herkunft des Bildes auf den Grund zu gehen. Im abgelegenen Dorf Novornaja stößt Hunter auf die verängstigten Bewohner des Ortes und der Legende vom Wijsch, einer blutrünstigen Kreatur, die seit Jahrhunderten die kleinen Gemeinden der Region terrorisiert. Ein junges Mädchen namens Tanja nimmt Dorian bei sich auf und bietet ihm ihre Hilfe an. Auf unerklärliche Weise gelingt es der Frau, den hartgesottenen Mann in kürzester Zeit in ihren Bann zu schlagen.
Die Grenzen zwischen Traum und Realität beginnen zu verwischen. Hunter wird Zeuge barbarischer Riten und taucht immer tiefer ein in das Schreckensregime des Wijsch. Die Zeichen stehen schlecht für den wohl größten Feind der schwarzen Familie. Hilfe könnte jedoch von unerwarteter Seite aus dem fernen England kommen. Philipp der Hermaphrodit arbeitet fieberhaft an einem Plan, um seinem Freund und Beschützer aus den Klauen des Monsters zu retten.
Das erste große Jubiläum ist gefeiert, Dorian Hunter nimmt zunächst einmal eine Auszeit vom Folgen übergreifenden Handlungsgeschehen und bietet Neueinsteigern eine gute Möglichkeit, sich in den Handlungskosmos der Serie einzuarbeiten. Schon der plakativ gewählte Titel weckt Assoziationen zu Märchen und Legenden. Spätestens, wenn Dorian das verschneite Bergdorf fernab jeglicher Zivilisation betritt, verlässt der Held unsere rationale Welt und taucht ab in die Welt der Mythen. Was beim Zauberer von Oz der Hurrikan und der vom Weg abgekommene Ballon übernehmen, fällt in diesem Fall den Schneemassen zu, die eine überwindliche Barriere zur Außenwelt erschaffen. Als Gegenpol zu dieser von Magie und dem Übernatürlichen geprägten Atmosphäre des abgeschotteten Gebirgsdorfs werden die Vorgänge in der heimatlichen Villa etabliert, wo Donald Chapman und Phillip versuchen, ihren Freund auf unkonventionelle Art Hilfe zu leisten.
Wer nun allerdings glaubt, "Die Schöne und die Bestie" sei ein heimeliges Hörspiel für die ganze Familie, wird schnell eines Besseren belehrt. Im Mittelpunkt steht auch hier der kompromisslose Kampf gegen die schwarze Familie. Das beinhaltet neben einigen actiongeladenen Passagen auch wieder eine durchaus direkte Sprache und auch recht explizit ausfallende Sexszenen. Eben jene Dinge, die "Dorian Hunter" von anderen Serien abheben.
Mal ehrlich, wer hat noch wirklich Lust, sich mit den glattgeschliffenen Geisterjägern so manch anderer Serie abzugeben, wenn man hier endlich einen Charakter präsentiert bekommt, der durch seine Lebenssituation nicht immer der strahlende Held sein kann, sondern nur allzu menschliche Entscheidungen trifft und Schwächen offenbart? Ganz nebenbei wird in dieser Episode eine Figur eingeführt, die in Zukunft noch öfters die Wege des Dämonen-Killers kreuzen wird – Kiwibin, ein undurchsichtiger Russe mit weitreichenden Verbindungen, dessen Motivation zur Bekämpfung der schwarzen Familie zunächst noch im Dunkeln bleiben.
Einen großen Anteil an der sehr dicht geratenen Atmosphäre dürfte wohl die Auswahl der Besetzung für diese Folge haben. Wie bereits des Öfteren in der Vergangenheit, so greift man auch hier auf Native Speaker zurück, die für ein ganz eigenes Flair sorgen. Kein Vergleich zu Produktionen, in denen Sprecher sich abmühen, bestimmte Akzente zu imitieren. Um die geheimnisvolle und nicht minder anziehende Tanja angemessen in Szene zu setzen, hätte man niemand Besseren als Irina Platon finden können. In ihrer Stimme spiegelt sich all das, was ihre Figur zum Ausdruck bringt: Stärke, Magie, Erotik und Gefahr und dazu die richtige Stimmfärbung, die man bei einer solchen Rolle erwarten kann. Hier wurde beim Casting alles richtig gemacht.
Nicht weniger passend gewählt ist Gennadi Vengerov als Kiwibin. Das Derbe und Barsche seiner Stimme scheint wie gemacht für die Rolle des zwielichtigen Russen mit ganz eigenen Interessen. Kaum ein anderer Charakter der Serie dürfte so schwer zu interpretieren sein wie die des Hermaphroditen Philipp, dessen Rolle im Team immer gewichtiger ausfällt und von Tim Knauer mit einer unglaublichen Leichtigkeit und Glaubwürdigkeit gespielt wird. Chapeau, Herr Knauer!
Auch diese Folge macht keine Ausnahme, wenn es darum geht, einen eigenen Stil zu kreieren. Ungewöhnliche Schnitte und Szenenübergänge gehören genauso dazu wie für den Hörer nicht mehr erkennbare Übergänge zwischen Realität und Traum. Was zunächst sehr avantgardistisch klingt, macht hier Sinn und leistet einen enormen Beitrag zur besonderen Stimmung von Folge 26.
Musikalisch greift man auf bereits bekannte Stücke zurück und kombiniert sie mit atmosphärischen Klängen, die dieser Folge etwas Mystisches verleihen. "Die Schöne und die Bestie" ist ein dunkles Märchen garniert mit den bekannten Versatzstücken, die "Dorian Hunter" eine Ausnahmestellung in der Hörspiellandschaft einbrachten. Großartige Unterhaltung in der Tradition alter Schauergeschichten, bestens geeignet zum Konsum in dunklen und kalten Winternächten.