Immer wieder verschwinden Menschen in den schottischen Highlands spurlos.
Niemand will mehr an einen Zufall glauben. Immer häufiger verschwinden Reisende in der dünn besiedelten Region der Grampian Mountains. Bei den Bewohnern der wenigen Dörfer der Gegend stößt die Polizei auf Ablehnung und eine Mauer des Schweigens. Jedem ist nur allzu klar, dass die Einwohner der kleinen Orte etwas zu verbergen haben. Als auch ihr Bruder spurlos in Schottland verschwindet, begibt sich die Journalistin Vera Lorrimer in den Norden der britischen Insel, um auf eigene Faust Nachforschungen anzustellen.
Kaum angekommen, muss auch sie erkennen, dass niemand bereit ist ihr zu helfen oder über das Verschwinden ihres Bruders zu sprechen. Doch das Wenige, was die junge Journalistin aus den Bewohnern der Gegend herausbekommt, macht schnell klar, dass alle Vermissten in der Nähe des Geisterwaldes verschwanden. Bei ihren Recherchen stößt sie zudem immer wieder auf einen Namen, der nur hinter vorgehaltener Hand fällt: Achaz. Wer oder was ist Achaz? Vera Lorrimer trifft eine folgenschwere Entscheidung und setzt ihre Nachforschungen in dem unheimlichen Waldgebiet fort. Sie kann ja nicht ahnen, dass zwischen den alten Bäumen nicht nur ein Geheimnis aus grauer Vorzeit verborgen liegt, sondern auch der Tod bereits auf ein neues Opfer lauert.
Acht Jahre sind vergangen seit Lübbe die letzte Vertonung eines "Gespenster-Krimi" auf den Markt brachte. 2015 schickt sich nun Contendo Media an, die Serie fortzusetzen und neue Geschichten zu präsentieren. Im Gegensatz zum Vorgänger wird es nun eine Mischung aus Romanheftadaptionen und neuen Stoffen geben, um die Hörer für sich zu gewinnen. Zum Auftakt wählt man eine ungewöhnliche Geschichte und verzichtet zunächst auf die klassischen Gruselthemen wie Geister, Vampire und Werwölfe.
Stattdessen wird ein mystisch aufgeladenes Thema geboten, in dessen Mittelpunkt finstere Magie aus grauer Vorzeit steht, in der Mensch und Natur noch eine engere Verbindung als heute hatten. Wie schon beim früheren Versuch, "Gespenster-Krimi" als Hörspiel zu etablieren, wählt man auch dieses Mal Geschichten, die für den Hörer überraschende Wendungen bereithalten, die so nicht unbedingt zu erwarten sind. Wer sich natürlich bereits tiefer mit der Materie befasst, wird sicherlich erahnen wohin der Hase läuft.
Viele der auftauchenden Charaktere kommen leider nicht über das Niveau von Stereotypen hinaus, was bei der literarischen Vorlage auch nicht anders zu erwarten ist. Da wären etwa die junge Journalistin, die auf keinen Fall bereit ist, von ihrem Ziel abzuweichen, oder die doch etwas schlichten Menschen aus den Dörfern am Rande des Geisterwaldes, die so sicherlich schon tausendfach an anderer Stelle in Erscheinung traten. Überraschend ist jedoch die Figur des Edward Macintosh. Der junge Mann, der abgeschottet von der modernen Welt in der Wildnis aufwuchs, ist ein willkommener Farbtupfer in der Geschichte und bringt neue unverbrauchte Elemente in die Handlung ein.
Bei der Auswahl der Musikstücke hat man von Anfang großen Wert darauf gelegt, Atmosphäre zu erzeugen und den Hörer auf die Ereignisse in der wildromantischen Natur Schottlands einzustimmen. Ergänzt werden diese durch mystisch-keltisch aufgeladene Melodien und an den richtigen Stellen platzierte Klangteppiche, die die Spannung und den Horror einzelner Szenen deutlich erhöhen. Contendo Media ist dafür bekannt, bei seinen Produktionen eine nicht geringe Zahl von Sprechern einzusetzen, was nicht selten dazu führt, dass bestimmte Szenen deutlich authentischer und lebendiger aus den Boxen dröhnen als bei manch anderem Hörspiel. Wenn man ein Auge auf die Besetzungsliste wirft, wird klar, dass auch bei der Sprecherauswahl für den "Gespenster-Krimi" keine halben Sachen gemacht wurden.
Christine Pappert übernimmt seit längerer Zeit wieder einmal eine Hauptrolle in einer Produktion und kann als unnachgiebige Journalistin Vera Lorrimer überzeugen. Jürgen Thormann darf wieder einmal sein Talent unter Beweis stellen, dunkle, fruchteinflößende Charaktere zum Leben zu erwecken, und glänzt dabei auf ganzer Linie. Dies kann man leider von Volker Brandt nicht behaupten, seine Interpretation des James Dennison wirkt hölzern und seine Dialoge abgelesen. Uve Teschner als Macintosh und Tobias Kluckert als Inspector Fisby schaffen es hingegen mühelos, ihre Figuren lebendig in Szene zu setzen. Ergänzt wird der Cast durch weitere bekannte Sprecher wie Peter Weis, Helmut Krauss und Jürgen Holdorf. Dazu gesellen sich die bekannten Stimmen der "Team Undercover"-Serie, die in Nebenrollen ihr Können unter Beweis stellen.
Die Rückkehr einer der bekanntesten Romanheftserien als Hörspiel darf als geglückt bezeichnet werden. Abgesehen von zu vernachlässigen Kleinigkeiten gibt es nur wenig Anlass zur Kritik. Freunde des gepflegten Horrors werden ohne Zweifel auf ihre Kosten kommen. Hinsichtlich der verwendeten Effekte gibt es nichts zu meckern und eine ausgewogene Auswahl guter Sprecher schafft es problemlos, den Hörer zu fesseln. Inhaltlich ist sicherlich noch Luft nach oben, nichtsdestotrotz, ist "Mörderbäume" ein gutklassiges Hörspiel und ein würdiger Pilot für den Reboot der Serie. Welcome back, "Gespenster-Krimi"!