Mit zwei Miniserien und einem Oneshot ist zwar der zweite Erzählzyklus beendet, aber keineswegs die Saga um Roland.
Im Falle des elften Sammelbands der fantastischen Adaption von Stephen Kings Mammutwerk als Graphic Novel von Resteverwertung zu sprechen, wäre ein Kapitalverbrechen und mit einem unfreiwilligen Rendezvous mit Langsamen Mutanten zu ahnden. "Last Shots" enthält die beiden je zweiteiligen Miniserien "Sheemie's Tale" und "Evil Ground" sowie den Oneshot "So Fell Lord Perth", die der Qualität der Hauptserie locker das Wasser reichen können und gekonnt einige Wissenslücken ausfüllen.
Zeitlich angesiedelt nach
"Die Schlacht am Jericho Hill", begegnen wir in "Sheemie's Tale" zunächst Sheemie wieder, der in die Hände des Schwarzen Mannes gefallen war und verzweifelt versucht, Roland zu erreichen. Zusammen mit anderen telepathisch und andersartig Begabten muss in einem von Tierwesen bewachten Gefängnis als sogenannter "Brecher" arbeiten – und dabei unfreiwillig bei der Zerstörung der Balken des Dunklen Turms im Auftrag des Scharlachroten Königs helfen.
In der Zwischenzeit legt Roland auf der Jagd nach dem Schwarzen Mann, kurz vor den Ereignissen von
"Die Kleinen Schwestern von Eluria", eine weitere Rast ein und ahnt nicht, dass er in die Nähe einer rituellen Stätte geraten ist, deren letztes Menschenopfer noch als Geist umherspukt und ihm gefährlich nahekommt. In seinen unruhigen Träumen besinnt er sich unwissentlich einer ähnlichen Episode aus seiner Jugend, in der er gemeinsam mit seinem Ka-Tet einen Angriff auf die Truppen von John Farson durchführte.
Den Abschluss bildet eine Geschichte, die Roland der im Sterben liegenden Aileen nach der verlorenen Schlacht am Jericho Hill erzählt. Sie handelt von seinem Ahnen Arthur Eld, der binnen weniger Stunden vom bloßen Schafhirten zum legendären und vielgerühmten Vorbild späterer Generationen wird. Möglich macht das sein wagemutiger Angriff auf den grausamen Lord Perth, dem er wie David in der Bibel nur mit einer Steinschleuder bewaffnet entgegentritt.
Ohne die Leistungen seiner in der Zwischenzeit ebenfalls zu Werke gegangenen Kollegen an dieser Stelle schmälern zu wollen: Richard Isanove, der alle fünf in diesem Band abgedruckten Storys gezeichnet, getuscht und (wie gewohnt meisterhaft) koloriert hat, ist definitiv jener, der am nahtlosesten an Jae Lees grafische Meisterleistung des ersten Zyklus anschließen und ihr dennoch eine eigene Note verleihen kann. Allein schon die Szenen um Sheemies Begegnung mit uralten Monstern Lovecraft'scher Ausmaße sollte hier als Beispiel reichen.
Doch auch erzählerisch geben sich Robin Furth, die rechte Hand von Stephen King, und der stets souveräne Peter David keine Blöße: Sei es die tolle Charakterisierung von Sheemie, aus dessen Perspektive die Gefahr für den Turm erzählt wird, oder Rolands Schwur an die sterbende Aileen, den Kampf nicht aufzugeben, große Emotionen ebenso wie kleine Gesten haben hier ihren Platz an der jeweils perfekte Stelle gefunden. Und die beste Nachricht: Entgegen der ursprünglichen Verlautbarung von Marvel geht es weiter mit einem dritten Zyklus, der folgerichtig den zweiten Roman des King'schens Magnum opus abbilden wird.