Der Versuch des Kingpin, Daredevil zu vernichten, ist eine zeitlose Glanzstunde in der Karriere des Beschützers von Hell's Kitchen.
1986 ist ein Jahr, das in der Entwicklung der Superhelden-Comics einen enorm wichtigen Stellenwert einnimmt. Das "Silver Age" ging unwiderruflich zu Ende, und damit auch eine Ära der im Großen und Ganzen harmlosen kindgerechten Unterhaltung (wenn man von einigen wenigen herausragenden Ausnahmen wie dem Tod von Gwen Stacy oder der Drogensucht von Green Arrows Sidekick oder Harry Osborn absieht). Mit den beiden Meilensteinen
"Watchmen" und "The Dark Knight Returns" leiteten Alan Moore und Frank Miller eine neue Ära des sequenziellen Erzählens ein, die wesentlich realistischer und grimmiger ausfiel als zuvor.
Letztgenannter sorgte aber auch für eine weitere Großtat, die das Comic-Triumvirat des Jahres 1986 vervollständigte. Rechtzeitig zum 25-jährigen Jubiläum von Marvel kehrte Frank Miller mit "Daredevil" zu jener Serie zurück, die seinen Superstar-Status zum Beginn der Dekade begründet hatte. In den Ausgaben 227-233 nimmt der Kingpin Daredevils Leben komplett auseinander, nachdem er über Umwegen von dessen Identität erfahren hat. Dank unzähliger Personen auf seiner Gehaltsliste gelingt es ihm, Matt Murdock in den finanziellen Ruin zu treiben, die Anwaltslizenz zu entziehen und als Draufgabe die Wohnung in die Luft zu jagen.
Wie berechnet taucht der verzweifelte Matt direkt in der Höhle des Löwen auf und kassiert eine vernichtende Niederlage. Der Kingpin triumphiert genüsslich, doch hat er die Rechnung ohne den Wirt gemacht, denn sein totgeglaubter Widersacher taucht schwer verletzt unter und versucht, wieder auf die Beine zu kommen. Doch nicht nur Wilson Fisk ist ihm auf den Fersen – auch Karen Page, Matts ehemalige Geliebte und nunmehr abgehalfterte Schauspielerin in zweifelhaften Filmen, die ihn für den nächsten Schuss Heroin verraten hat und nun um ihr Leben fürchtet.
Es ist ebenso faszinierend wie beinahe beängstigend, wie gekonnt Frank Miller seinen Protagonisten innerhalb weniger Kapitel physisch wie psychisch brechen lässt, um ihn dann wieder zusammenzusetzen und zu neugewonnener Stärke kommen zu lassen. So und nicht anders muss ein guter und intelligenter Superhelden-Comic aussehen, davon können sich Comic-Autoren auch heute noch eine große Scheibe abschneiden. Auch Zeichner David Mazzucchelli präsentiert sich bei "Auferstehung" auf dem Höhepunkt seines Schaffens und vervollständigt den Gesamteindruck eines klaren Must-read nicht nur für Daredevil-Fans.