Der berühmteste Seefahrer der Neunten Kunst kehrt in einer mustergültigen Neuauflage zurück in heimische Gewässer.
Ein Buch mit einem Vorwort von Umberto Eco schmücken zu dürfen ist zweifellos eine große Sache. Ein solches hat der berühmte italienische Schriftsteller und Wissenschaftler für "Die Südseeballade" seines 1995 verstorbenen Landsmannes geschrieben, und die darin betriebene, schier manische Auseinandersetzung mit geografischen und literarischen Details des Werks spiegelt die Begeisterung für den großen Comic-Romancier in jedem einzelnen Wort wider. "Corto Maltese" ist ein Meilenstein der sequentiellen Erzählkunst, tauchte in Deutschland erstmals im legendären Magazin "Zack" auf und ist von Schreiber & Leser im edlen Hardcover-Einband neu aufgelegt worden.
Bevor er zu neuen Ufern aufbrechen und sein unstetes Abenteurerleben wiederaufnehmen kann, muss der Titelheld zunächst aber von seinem Freund/Feind (je nach Situation) Rasputin aus dem Meer gefischt werden, nachdem sich seine meuternde Mannschaft samt Schiff von ihm verabschiedet hat. Sein skrupelloser Kollege, dessen Name nicht zufällig an einen gewissen Geistlichen aus dem zaristischen Russland angelehnt ist, hat allerdings auch zwei andere Schiffbrüchige aufgenommen: Pandora und Cain Groovesnore entstammen einer wohlhabenden Familie und dürften ein ordentliches Lösegeld einbringen. Was mit ihnen allerdings letztlich geschehen soll, entscheidet der mysteriöse Mönch.
Er herrscht von der Insel La Escondida aus über sein eigenes Reich und verdient durch die Zusammenarbeit mit den Deutschen gutes Geld. Die sind am Vorabend des Ersten Weltkrieges auf Nachschub in den Weiten des Pazifiks angewiesen und kooperieren bereitwillig mit dem Kuttenträger und seinen Piraten Corto und Rasputin. Nachdem die Nachricht vom Ausbruch der Kampfhandlungen im fernen Europa eintrifft, wird es allerdings schwierig, die Geschäfte weiterhin einigermaßen unbehelligt fortzuführen – schließlich treiben sich alliierte Schiffe in der Gegend herum, die sowohl das Imperium des Mönchs als auch das Geschäft mit den beiden jungen Geiseln bedrohen.
Nach dem erwähnten Vorwort und unzähligen Seiten mit Studien und Skizzen, die fast schon einen eigenen Band füllen könnten, entfaltet die rastlose Reise von Corto und seinen Mitstreitern einen erzählerischen Sog, dem man sich nur schwer entziehen kann. Sei es durch den unwiderstehlichen, spitzbübischen Charme des Protagonisten, der den dämonischen Charakter von Rasputin toll konterkariert, das Mysterium des Mönchs, die exotischen Schauplätze oder das Changieren zwischen den Fronten zweier Kriegsparteien – das Ergebnis ist eine ebenso kurzweilige wie berührende Lektüre, festgehalten in lebendigen Zeichnungen und einer Kolorierung, die wunderbar zum Setting passt. Für die Puristen steht übrigens auch eine originalgetreue Schwarz-weiß-Ausgabe bereit, so sollte also jeder auf seine Rechnung kommen!