Die Wahrheit ist irgendwo da drinnen.
Dass Chris Carter mit "The X-Files" nicht nur eines der wichtigsten TV-Formate der 1990er Jahre geschaffen und so ganz nebenbei Paranoia und Verschwörungsglauben in breiten Bevölkerungsschichten salonfähig gemacht hat, muss an dieser Stelle wohl nicht extra erwähnt werden. Das vielfach kritisierte Finale im Zuge der Doppelfolge "Die Wahrheit" ("The Truth") ließ bekanntlich viele Fragen offen, die auch durch den zweiten Kinofilm von 2008 nicht beantwortet wurden – denn der fungierte als eine Art überlange "Monster of the Week"-Episode.
Eine reichlich unbefriedigende Situation also für den geneigten Fan, die kürzlich endlich entschärft worden ist. Nach dem Rezept, wie es etwa auch bei "Buffy the Vampire Slayer" oder "Jericho" angewendet wurde, gibt es die Fortsetzung in Comic-Form und unter maßgeblicher Mitarbeit der Schöpfer zu lesen. "Believers", der erste Storybogen der zehnten Season von "Akte X", führt uns mitten in den heißgeliebten Verschwörungsstadl zurück, als die Datenbanken des FBI gehackt werden und nicht nur Mulder und Scully, die dem Bureau längst den Rücken gekehrt haben, ins Visier von zunächst unbekannten Feinden geraten.
Eine maßgebliche Rolle in den Plänen der mysteriösen Robenträger, die als gestaltwandlerische Akolythen identifiziert werden (und alten X-Hasen natürlich bestens bekannt sind), spielt Scullys Sohn William, den sie zu seiner eigenen Sicherheit einst zur Adoption freigab. Wie sich zeigt, sind ihm die Außerirdischen schon gefährlich nahe gekommen, und das mitten im Yellowstone Nationalpark, durch den eine umstrittene Pipeline gebaut wird…
Herrlich! Von der ersten Seite an nimmt die im vorliegenden Fünfteiler gebotene Story den Leser gefangen, so gelungen ist die Übertragung der liebgewonnenen Stärken der Serie ins Medium Comic: Action, Drama, Augenzwinkern, alles wie gehabt. Neueinsteiger brauchen sich keine Sorgen machen, während es für Connaisseure feine Anspielungen und Verknüpfungen zu entdecken gibt.
Und alle sind sie dabei – der mittlerweile zum Deputy Director beförderte Skinner, die Agents Dogget und Reyes, der geheimnisvolle Raucher (der einfach nicht umzubringen ist) und die liebenswerten Verschwörungsnerds von den Lone Gunmen. Der Stil von Zeichner Michael Walsh ist zunächst gewöhnungsbedürftig, fügt sich mit seinem spröden Charme aber letztlich schön ein und ist atmosphärisch stimmig. Alles richtig gemacht, von daher allerstrengster Lesebefehl!