Der Teufel ist immer dazu geneigt, einen lukrativen Deal abzuschließen. So ist er bereit, drei jungen Musikern eine zweite Chance auf eine große Karriere zu geben.
Es gibt Biografien, die sind überflüssig wie ein Kropf, wie etwa die von Boris Becker oder Dieter Bohlen. Wenn allerdings der olle Höllenfürst höchstpersönlich einen Abriss über sein bisheriges Dasein gibt und sich dabei hauptsächlich auf jene Zeit konzentriert, in der er seine Nase in die Belange der amerikanischen Geschichte steckt, ist das eine ganz andere Angelegenheit. Im Mittelpunkt des Geschehens stehen die drei Bandmitglieder Memory, Fish und Zachary, die sich nach dem Ableben des Stars ihrer Band an den Teufel wenden, um ihre Karriere zu retten. Das hat auch diese Inkarnation des Satans mit allen anderen gemeinsam, einem lukrativen Geschäft geht er nicht aus dem Weg und erhört die Rufe der drei. Er verspricht ihnen ihre Wünsche zu erfüllen, im Gegenzug erhält er ihre Seelen.
Alle willigen ein, doch wie so oft bei Verträgen mit der Hölle hat auch dieser einen Pferdefuß. Zwar gehen die Wünsche der jungen Musiker in Erfüllung, aber auf vollkommen andere Art als sich diese das erträumt hatten. Anhand ihrer Lebensläufe entwickelt sich eine spannende Reise, ausgehend vom Ende der 1960er durch die letzten Jahrzehnte der amerikanischen Geschichte. Dazu gibt es immer wieder Rückblenden zu entscheidenden Ereignissen, die die Entwicklung der Menschen entscheidend verändert haben.
Michael Poore ist es gelungen, mit "Der raffinierte Mr. Scratch" einen neuen Blick auf eine der ältesten Figuren der Literatur zu werfen. Sicherlich gab es, neben den monströsen und abscheulichen Darstellungen, auch immer wieder amüsante und scheinbar freundliche Inszenierungen des Teufels in allen möglichen Medien vom Buch bis zum Film. Immer stehen dabei selbstsüchtige Motive im Mittelpunkt, da macht auch dieser Roman keine Ausnahme, jedoch ist es ein Motiv, das jeder verstehen kann, es geht ihm darum, seine große Liebe zurückzugewinnen. Dafür ist ihm jedes Mittel recht, doch muss er dafür die Menschheit in eine bestimmte Richtung lenken, um ihre Lage zu verbessern und seine Geliebte zur Rückkehr zu bewegen. Damit wählt der Autor einen Ansatz, der bisher kaum thematisiert worden sein dürfte. Immer wieder wird Satan zum Helfer der Menschen und handelt dabei auch nur selten grausam und brutal. Manchmal hat es sogar den Anschein, als sei er ein Monster mit Gewissen.
Immer wieder nimmt einen dieses Buch mit an Wendepunkte der Geschichte, erzählt aus einem neuen, bisher unbekannten Blickwinkel. Über das alte Ägypten und Rom gelangt man in die neue Welt und kann verfolgen, wie Satan im entscheidenden Moment die Fäden zieht. Manch einer wird Michael Poore vorwerfen, seine Stationen in der Historie der Menschheit fallen zu punktuell aus. Dem muss man allerdings entgegenhalten, dass wenn man eine Geschichte eines kosmischen Wesens wie dem gefallenen Engel Luzifer erzählen möchte, nur bestimmte Passagen beleuchten kann. Ähnliches gilt für die Schicksale der drei Bandmitglieder, hier kann man sich die Frage stellen, ob es sinnvoll gewesen wäre, gewisse Passagen ausführlicher zu erzählen, um die Motivation des Einzelnen noch besser verstehen zu können. Doch auch hier steht eher der Teufel im Fokus, den am eben jenen drei Schicksalen lässt sich auch die Veränderung seiner Einstellung zu den Menschen nachvollziehen.
Der Schreibstil von Poore ist ansprechend und es dauert nicht lange, bis man sich mitten im Geschehen wähnt. Trotz der doch sehr häufigen Zeit- und Ortswechsel ist es an keiner Stelle ein Problem der Handlung zu folgen, auch deshalb weil so mache Episode für sich allein steht. Ein stringenter Handlungsfaden sind lediglich die Erinnerungen des Teufels, was für einige Leser dazu führen wird, dass sie einen durchgängigen roten Faden vermissen werden. Wer mit nichtlinearen Erzählweisen ein Problem hat, sollte "Der raffinierte Mr. Scratch" meiden.
Michael Poore legt ein Buch vor, das auch bei mehrmaligen Lesen nicht langweilig werden wird, denn es gibt immer wieder neue Dinge zu entdecken und es ergeben sich immer neue Blickwinkel auf so manches Ereignis der Vergangenheit. "Der raffinierte Mr. Scratch" ist eine kurzweilige Angelegenheit, die geschickt mit historischen Ereignissen sowie religiösen Konstrukten und Klischees spielt. Wer eine frische Geschichte mit ungewöhnlichen Wendungen sucht, dürfte hier fündig werden.