Hierbei handelt es sich um einen der seltenen Fälle, bei denen man Marvels üblichen Marketing-Floskeln vom "Beginn einer neuen Ära" tatsächlich zustimmen muss.
Noch zu Weihnachten 1996 hatte das "House of Ideas" seinen Bankrott erklären müssen, das es der geplatzten Comic-Spekulationsblase und geschäftlichen Fehlentscheidungen (wie etwa dem Kauf von Heroes World Distribution) verdankte, doch die Jahrtausendwende bedeutete für Marvel tatsächlich einen Aufbruch in neue kreative und kommerzielle Gefilde. Joe Quesada, "Marvel Knights"-Mastermind und frischgebackener Chefredakteur, rief mit der "Ultimate"-Schiene nicht nur ein erfolgreiches Sublabel des Verlags ins Leben, sondern mit dessen Veröffentlichungen auch Blaupausen für den immer noch anhaltenden Kinoerfolg der Marvel-Helden.
Gestartet wurde das Projekt mit dem bis dahin im Comic-Mainstream unbekannten Brian Michael Bendis als Autor und Zeichner-Veteran Mark Bagley. Zielsetzung wie bei allen anderen Serien auch war es bei "Ultimate Spider-Man", die Geschichte von Peter Parker neu zu erzählen, befreit vom über die Jahrzehnte angestauten Continuity-Ballast, der neue Leser zusehends abschreckte. Und so erleben wir erneut, wie Peter von einer Spinne gebissen wird, Superkräfte erhält und seinen Onkel Ben durch einen Räuber verliert, den er nicht aufgehalten hat.
So weit, so bekannt. Gefährlich wird die Sache jetzt allerdings aufgrund der Tatsache, dass besagte Spinne im Labor von Norman Osborn herumgekrabbelt ist und dieser nun versucht, den Vorfall mit Peter zu reproduzieren. Die Tatsache, dass die im Original nur 15 Seiten lange Origin auf sieben Hefte ausgedehnt wurde, entspricht natürlich den Vorgaben des modernen Comic-Storytelling. In ihren Grundzügen ist die Geschichte dieselbe, wie sie schon Stan Lee und Steve Ditko 1962 zu Papier brachten.
Das Essentielle an Bendis' Erzählung und gleichzeitig das, was den Charme seiner Erzählung ausmacht, sind die später bis zur Perfektion getriebenen Seifenopern-Elemente sowie Details am scheinbaren Rand der Handlung – die augenzwinkernde Bemerkung etwa, wonach Osborn Industries ausgerechnet 1973 gegründet worden ist, in dem der Klassiker "The Night Gwen Stacy Died" erschien, kann kein Zufall sein. Mark Bagley als definitivem Spidey-Zeichner der 1990er Jahre war und ist ohnehin eine sichere Bank, was den Genuss des ersten Handlungsbogens komplettiert. Klare Sache: Instant classic.