Ein Hörspiel erster Klasse, allerdings nichts für allzu schwache Nerven! Gerichtsmedizin, die mit scharfer Klinge unter die Haut geht. Und noch viel tiefer…
Man stelle sich einen Mann vor, gutaussehend wie George Clooney und scharfsinnig wie Sherlock Holmes, dabei einfühlend wie Dr. Gregory House und frauenverachtend wie Sean Connery. Diese Mischung stelle man sich als Chef vor – noch dazu als Boss der renommierten Pathologie des NYPD! Dr. Russel Owen ist die zweifelhafte Hauptperson dieser neuen Medizin-Krimireihe von Maritim, der Autokrat und die Koryphäe der New Yorker Gerichtsmedizin.
Seine Untertanen sind Dr. bzw. Officer Melissa Cavallero, eine engagierte, talentierte, junge und scheinbar recht ansehnliche Pathologin, die nebenbei auch noch Polizistin ist, sowie der Frischling Kyle Anderson. Beide werden von ihrem Chef auf individuelle Weise tyrannisiert: Melissa, weil sie zu Beginn ihrer Tätigkeit an der Gerichtsmedizin eine Affäre mit Dr. Owen hatte und seither die Zielscheibe seines ebenso bissigen wie sexistischen Humors ist, und Kyle einfach nur weil Dr. Owen seinen Vornamen nicht leiden kann. Er findet dass Kyle ein schwuler Name ist, und Dr. Owen ist nicht nur sexistisch – sondern, welche Überraschung, auch noch homophob! Wer hätte das gedacht! Also alles wie im richtigen Leben. In ihrem ersten Fall "Feuer und Flamme" haben es die Ermittler mit zwei Brandleichen zu tun – bei denen allerdings die Zündquelle fehlt. Die einzige Gemeinsamkeit der Toten ist dass beide tätowiert sind.
Die Auftaktfolge von "NYPDead" hat alles, was man sich von einem Krimi-Hörspiel nur wünschen kann. Die Story ist gut durchdacht, komplex, aber nicht verwirrend! Hier ist als sehr großer Pluspunkt zu erwähnen dass sowohl die Fälle selbst, aber auch die Schilderung der Leichensektionen fachlich korrekt und gut recherchiert dargestellt sind – was man von den allerwenigsten einschlägigen Serien behaupten kann. Ich möchte nicht wissen wie hoch die Sterblichkeit in einer Notaufnahme wäre, wenn die Ärzte von "Emergency Room" in der realen Welt am Werk wären! Die Sprecher passen sich ebenfalls sehr gut in die Rollen ein, auch ihr Zusammenspiel kommt sehr authentisch rüber.
Wenn es um die Witze geht: Wer den New Yorker Humor mag, wird dieses Hörspiel lieben. Dr. Owens Kommentare sind stets rüde, böse, sexistisch – und unter der Gürtellinie. Hörer, die Wert auf "political correctness" legen, sollten dieses Hörspiel besser gleich gegen softeres Material tauschen. Denn die Kaliber, die hier geboten werden, durchschlagen so ziemlich jede emanzipierte Schale. Auch die kleinen Seitenhiebe auf "die Kollegen von CSI" sind etappenweise recht witzig. Die Background-Musik wäre fast ein eigenes Album wert: Cool, abwechslungsreich, unaufdringlich.
# # # Moritz Hawliczek # # #