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Book-Review: Mr. Nice (Heyne)

Zählt man das Biopic "Blow" über das Leben des amerikanischen Drogenschmugglers George Jung zu seinen Lieblingsfilmen, sollte man schleunigst in die nächste Buchhandlung laufen/skaten/radeln und dort den Deal für diese Autobiographie abschließen.

Cover Mr. Nice (C) Heyne / Zum Vergrößern auf das Bild klicken"Drugs are good
They make you do things that you know you not should
And when you do them people think that you`re cool
And when you do them people think that you`re cool"


(NOFX, "HOFX" EP, 1994)

Irgendwie fasziniert uns das Böse immer wieder. Aber ist es wirklich das Böse, das einen so in den Bann zieht oder ist es einfach die Lust nach Abenteuer, das Kosten von der verbotenen Frucht? In diesem Fall ist die verbotene Frucht eine in ihrer industriellen Form unter anderem gut zur Seilherstellung verwendbare Pflanze, in ihrer blütentragenden Pracht ist sie Lieferant des berauschenden Stoffs THC (Tetrahydrocannabinol). Die Rede ist von Cannabis, zu Deutsch: Die Hanfpflanze. Wird das THC durch Erwärmung gebracht, zum Beispiel eingerollt in Zigarettenpapier mit/ohne Tabak entzündet, entfalten sich die psychoaktiven Stoffe, die den Konsumenten berauscht machen. Auf diese belustigende/befreiende/entspannende Wirkung wurden die Beatniks, Hippies und Kriegsgegner Anfang und Mitte der 1960er Jahre aufmerksam – speziell in den USA und Großbritannien.


Da sich der Anbau der stark riechenden Pflanze in unserer Klimazone fast unmöglich gestaltete und auch nicht wirklich legal war, mussten sich Marihuana-Fans ständig Sorgen um den Erwerb von Gras oder Haschisch (das extrahierte, gepresste THC) machen. Einer davon war der am elitären Balliol College (Oxford) Physik (und später Philosophie) studierende Waliser Howard Marks. Man mag es kaum glauben, aber hier blühte die Drogenszene wie an keinem anderen Ort in Großbritannien. Trotz (oder vielleicht auch wegen) seines massiven Cannabis-Konsums schloss Marks sein Physikstudium (als Master) ab und wollte in London als Englischlehrer zu unterrichten beginnen, gab auch Nachhilfeunterricht in höherer Mathematik.


In der Hauptstadt traf er auch auf verschiedene Diplomaten, die ab und an dank ihrer Immunität so einiges von dem harzigen Kraut aus dem Nahen Osten auf die englische Insel schmuggelten. Marks tat sich mit ihnen zusammen und begann im großen Stil (einmal waren es sogar 15 Tonnen!) Weed aus aller Herren Länder mit Hilfe eines IRA Mitglieds über Irland nach UK zu schmuggeln. Mit Hilfe vieler Freunde und Bekannten begann sein Schmuggelunternehmen immer größer und größer zu werden und Marks verdiente sich eine goldene Nase dabei. Irgendwann wurde auch der britische Geheimdienst MI6 auf ihn aufmerksam, weil ein früherer Studienkollege dort seinen Lebensunterhalt verdiente. Man akquirierte ihn für die eigenen Zwecke, da sich seine Connections zur IRA herumgesprochen hatten…


Irgendwann breitete sich der Cannabis-Handel auch auf die Vereinigten Staaten aus, da sich dort, zumindest anfangs bevor die Kolumbianer die Macht ergriffen, noch mehr verdienen ließ. Das Glück Marks hielt jedoch nicht ewig an und so wurde er Ende der 1970er Jahre zum ersten Mal von den britischen Zollbehörden geschnappt. Da halfen ihm auch die vielen falschen Pässe und Decknamen (darunter der wohl bekannteste, Donald Nice) nichts mehr und er musste für zwei Jahre hinter schwedische (beziehungsweise englische) Gardinen. Die Cannabis-Katze ließ das Mausen aber nicht und startete wieder voll mit dem Schmuggelgeschäft im großen Stil durch. Und so war es kein Wunder, dass sich Marks 1988 wieder schnappen ließ und er für sieben Jahre ins brutale Hochsicherheitsgefängnis Terre Haute in Indiana in den USA wandern musste.


Dort hatte er viel Zeit um über seine erlebten (kriminellen) Abenteuer nachzudenken und diese nach seiner Entlassung dann in der vorliegenden 704 Seiten starken Autobiographie niederzuschreiben. Howard Marks Schreibstil ist elegant und flott. Er hat viel zu erzählen und so einige Erlebnisse werden einem wirklich den Kiefer runter klappen lassen, der eine oder andere wird sogar noch etwas dazulernen können (sofern er sich im illegalem Drogenhandel betätigen will). Marks ist ein hochintelligenter, freundlicher und respektvoller Mensch, der in seinen Jahren als Drogenschmuggler nie Gewalt angewendet und Menschen verletzt hat. Dies entsprach nicht seinen Prinzipien und wurde erst Anfang der 1980er Jahre, als sich die sizilianische Mafia und die kolumbianische Kartelle vermehrt um die Drogengeschäfte kümmerten, zur Tagesordnung erhoben. Das ist aber ein anderes der unzähligen Kapitel in der Welt der Drogen.



# # # Thomas Sulzbacher # # #





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