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Book-Review: Netzkulturen (EVA)

Jahre vor dem Facebook-Boom setzte sich Inke Arns in Ihrer Betrachtung „Netzkulturen“ mit Netzwerkcommunities auseinander.

Cover Netzkulturen (C) EVA / Zum Vergrößern auf das Bild klickenAngesichts des durchschlagenden Erfolgs von Facebook mit rund einer halben Milliarde Nutzer im Jahre 2010 wäre ein im Buch erfolgter Ausblick auf die Zukunft verschiedener Netzkulturen sicherlich sehr spannend und möglicherweise für die Nachwelt sehr unterhaltsam gewesen, wurde aber von der Autorin tunlichst vermieden. Die Netzaktivistin und Medienwissenschaftlerin Inke Arns konzentrierte sich 2002 in ihrem 96-seitigen Beitrag lieber auf die historische Entwicklung des Internets sowie daraus resultierende künstlerische, soziale und politische Cyber-Bewegungen.


Das Fundament des Buches wird mit einer detaillierten historischen Beleuchtung der Entstehung des Netzes gelegt. Ausgehend von der ersten militärisch verwurzelten Phase des ARPANETs über die Grassrooting-Bewegungen der 1980er Jahre bis hin zur sich verstärkenden Kommerzialisierung ab den 1990er Jahren versucht Arns sozialen Gesichtspunkten von Cyber-Bewegungen quer durch die Geschichte des Netzes auf die Spur zu kommen. Dabei ist Arns einleitender Überblick über die historische Entwicklung des Netzes nicht nur Grundstein der Betrachtung, sondern wird bereits als erstes Indiz für den  laut ihr klaren Umstand gedeutet, dass das Netz ein Produkt der Cyberkulturen ist.


Hochinteressant sind in diesem Zusammenhang auch jene von der Autorin beleuchteten Beispiele aus den 1990er Jahren, welche die zunehmende Kommerzialisierung des Internets veranschaulichen sowie Initiativen aufzeigen, die als "Netzkultur" gegen politische und wirtschaftliche Formen der Übermacht Widerstand leisten konnten. Beispielsweise nennt Arns die Künstlergruppe Etoy, welche den Spielzeugfabrikanten eToys in Folge eines Website-Namensstreits in die Knie zwingen konnte. In aller Munde war auch der lokale Belgrader Radiosender B92: Als Resultat der Unterstützung der serbischen Opposition gegen Milosevic im Jahr 1996 wurde der Sender zunächst vom serbischen Präsidenten abgeschaltet, konnte jedoch infolgedessen durch internationale Unterstützung und Internet-Broadcasting an Popularität und Reichweite enorm gewinnen.

Auch wirft Arns in ihrem abschließenden Kapitel einen Blick auf den düsteren Stand der Netz-Dokumentation, denn die Vergänglichkeit des Netzes sei nur am Rande Teil des allgemeinen Netz-Bewusstseins. Und wirklich: Selbst heute scheint es kaum jemand zu kümmern, dass Inhalte des World Wide Webs als Kulturphänomen und geschichtliches Erbe nur unzureichend dokumentiert und damit für die Nachwelt nach und nach und unwiederbringlich verloren gehen.


Mit kaum 100 Seiten bietet "Netzkulturen" einen prägnanten Überblick und Einblick in ein bereits 2002, zur Morgendämmerung der neu blühenden Social Communities,  hochinteressantes Themenfeld. Unbestritten ist, dass eine vertiefende Debatte in dem einführenden Band nicht erfolgt. Die war von der Autorin aber vermutlich auch gar beabsichtigt gewesen. Fazit: "Netzkulturen" bietet zunächst einen interessanten und vielschichten Einblick in die Entwicklung des Internets vor dem Facebook-Boom. Es ist jedoch nicht nur eine historisch zentrierte Betrachtung der Geschichte des Internets, sondern eine Beleuchtung der Bedeutungen jener Kommunikationsformen, welche sich erst durch das Netz ausprägen konnten und sich in "Netzkulturen" manifestierten. Und trotz des Text-Alters ist Arnts Beitrag noch heute eine unverändert lesenswerte Abhandlung über die ersten Vorboten des "Web 2.0": Die "Netzkulturen" der 1970er, 1980er und 1990er Jahre.



# # # Karl H. Stingeder # # #





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