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Comic-Review: X-Men – Frauen auf der Flucht (Panini)

Wenn sich zwei unbestrittene Meister ihres jeweiligen Fachs zusammentun um eine Geschichte zu erzählen, muss man eigentlich davon ausgehen das ein moderner Klassiker dabei herauskommt.

X-Men - Frauen auf der Flucht (C) Panini Comics / Zum Vergrößern auf das Bild klickenZuerst nur in Italien erschienen, hat uns Panini mittlerweile auch mit der deutschen Ausgabe der Graphic Novel "X-Men: Gals On The Run" beglückt. Die beiden Künstler hinter dem Projekt dürften Connaisseuren der Neunten Kunst nur allzu vertraut sein. Zum einen wäre da der 1945 in Südtirol geborene Milo Manara, seines Zeichens einer der bekanntesten Zeichner der Gegenwart. Seine künstlerische Laufbahn kam ab 1968 während seines Architektur-Studiums in Venedig in die Gänge, das er sich mit der Arbeit an zwei Comic-Magazinen der damals in Italien sehr populären, teils pornographische "fumetti neri" (deutsch: "schwarze Comics") finanzierte. In den 1970ern schwang er den Stift unter anderem für die Piratenstory "Jolanda de Almaviva" und die Serie "La Parola Alla Giuria", in der Handlungen berühmter Persönlichkeiten wie Nero oder Attila nacherzählt wurden. Der internationale Durchbruch gelang ihm zum Ende des Jahrzehnts mit der Adaption des "Affenkönigs" aus dem chinesischen Klassiker "Die Reise nach Westen", in den 1980er Jahren folgten erfolgreiche Kooperationen unter anderem mit dem Filmemacher Federico Fellini und Hugo Pratt, dem legendären Schöpfer von "Corto Maltese". Heute steht der Name Manara für elegantes und präzises Artwork, oftmals gewürzt mit Erotik und schönen Frauen.


Zweiter im Bunde ist einer der Übervater der amerikanischen Superhelden-Comics: Wer X sagt, muss auch Chris Claremont sagen. Der Mann hält noch immer den Rekord für den längsten Run an einer Comic-Serie. Von 1975 bis 1991 schrieb er für Marvel "Uncanny X-Men" und war sowohl für klassische Storys wie die "Dark Phoenix Saga" oder "Days of Future Past" als auch die Kreation beliebter Charaktere wie Rogue, Gambit, Psylocke, Emma Frost, Jubilee oder Wolverines Erzfeind Sabretooth verantwortlich. Nachdem er gemeinsam mit Zeichnerstar Jim Lee mit der ersten Ausgabe der zweiten monatlichen Serie "X-Men" einen bis jetzt unerreichten Verkaufsrekord aufgestellt hatte (8,1 Millionen Kopien!), verließ er den Verlag im Streit und arbeitete in den Folgejahren für die Konkurrenz DC und Dark Horse, ohne jedoch an seinen früheren Erfolg anknüpfen zu können. 1998 kehrte er zum "Haus der Ideen" zurück und hinterlässt seither wieder fleißig seine Spuren im X-Universum.


"Frauen auf der Flucht" dreht sich, wie der Titel nahe legt, um die weiblichen Mitglieder der X-Men. Der Auftakt spielt sich auf der Marvel-Fans nur allzu bekannten Insel Madripoor in Südostasien ab, wo wir Zeugen der missglückten Befreiung von Rachel "Marvel Girl" Summer und Emma "White Queen" Frost durch ihre Teamkolleginnen Rogue, Storm, Psylocke und Shadowcat werden. Letztere wird vor dem Rückzug von Rachel per Telepathie über die Hintergründe ihrer Gefangennahme informiert, was der jungen Dame aufgrund der Fülle an Informationen mental nicht allzu sehr bekommt. Zu allem Überfluss werden die Mädels dann auch noch mysteriöserweise ihrer Kräfte beraubt und landen in einem reißenden Fluss inklusive wartendem Wasserfall! Rückblende: Das sonnige Griechenland, wo Rogue, Storm, Psylocke und Shadowcat einmal dem nervenaufreibenden Heldenalltag entfliehen und entspannen wollen. Doch besonders lange ist ihnen die Ruhe vor dem Sturm nicht gewährt, denn Marvel Girl wird entführt. Ihre Kameradinnen nehmen sogleich die Verfolgung auf und landen nach dem eingangs erwähnten Fiasko bei einem seltsamen Cargo-Kult, der es vor allem auf Flugzeuge abgesehen zu haben scheint.


Die Erwartungen sind groß, wenn man den edlen Hardcover-Band aufschlägt und selbst Starzeichner und nunmehriger Marvel-CEO Joe Quesada im Vorwort seine Bewunderung für die beiden Künstler ausdrückt. Das Team Claremont/Manara liefert zwar eine kurzweilige und unterhaltsame Geschichte ab, dennoch bleibt nach der Lektüre das Gefühl dass man hier unter den Möglichkeiten geblieben ist. Claremont-Fans werden auf eine clevere und psychologisch nuancierte Superhelden-Story mit einer ausgewogenen Mischung sowohl aus starken als auch unsicheren Charakteren hoffen, doch mit einer uninspirierten Handlung um einen inszenierten Krieg abgespeist. Anhänger von Manara warten auf einen Reigen anmutiger und freizügiger Damen, die sich von ihrer besten und erotischsten Seite zeigen, aber im Rahmen allzu gesitteter Comic-Konventionen agieren müssen. So bleibt das Artwork von Manara erstaunlich zahm und kann hier einfach nicht seine gewohnte Wirkung entfalten.  So ist es teils ermüdend wenn sich die X-Damen gefühlt alle zwei Seiten umarmen, sich räkeln und aus dem Panel heraus ihren Allerwertesten präsentieren. Das funktioniert an anderer Stelle sicher besser als bei diesem Ausflug ins Superhelden-Fach. Fazit: Das "Beste aus beiden Welten" muss nicht zwangsläufig tatsächlich das Beste sein – es empfiehlt sich eher zu den jeweiligen Werken im Stamm-Metier von Claremont und Manara zu greifen, von denen es bei Panini einige zu entdecken gibt.



# # # Andreas Grabenschweiger # # #





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