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Comic-Review: Superman – Was wurde aus dem Mann von Morgen? (Panini)

Was entsteht, wenn der beste Comic-Autor der Gegenwart auf den Archetypus des Superhelden trifft? Ganz einfach die berührenden Storys dieses Sammelbandes, die Alan Moore 1985 verfasst hat.

Cover Superman - Was wurde aus dem Mann von Morgen? (C) Panini Comics / Zum Vergrößern auf das Bild klickenEigentlich sollte man glauben, den Mann seinen Zeitgenossen nicht mehr vorstellen zu müssen. Und doch gibt es noch zu viele da draußen, die ihrer popkulturellen Erleuchtung durch den bärtigen Meister aus England harren. Schließlich ist Mr. Alan Moore der einzige Comic-Autor, der in den Top 100 der "best English-Language novels from 1923 to the present" des angesehenen Time Magazine gelandet ist – mit "Watchmen", dem unerreicht bleibenden Meisterwerk und Schwanengesang des Superhelden-Genres. Gemeinsam mit Frank Millers "The Dark Knight Returns" sind im kurzen Zeitraum 1986/87 zwei der wichtigsten Comics der letzten Jahrzehnte entstanden, die der Gattung das Etikett "Graphic Novel" erst verdient haben. Kurz bevor er gemeinsam mit Zeichner Dave Gibbons sein frühes Magnum Opus schuf, erhielt Moore von DC die Möglichkeit den "Stählernen" zu schreiben, bevor der Reboot des Franchise durch John Byrne ins Haus stand.


Der als letzte Superman-Story konzipierte Zweiteiler "Was wurde aus dem Mann von Morgen?" führt uns in die Wohnung von Lois Lane, nunmehrige Elliott. Reporter Tim Crane vom "Daily Planet" hat sich angekündigt, um sie für eine Superman-Sonderausgabe zu interviewen. Zentraler Punkt des Gesprächs ist das Ende des Stählernen, das sich durch eine Reihe sonderbarer Geschehnisse angekündigt hatte. Nachdem seine wichtigsten Gegner besiegt sind, scheint Ruhe eingekehrt zu sein auf der Erde. Als Superman aus dem Weltall zurückkehrt, hat der normalerweise eher harmlose Bizarro nicht nur eine enorme Schneise der Zerstörung durch Metropolis gezogen, sondern auch Dutzende von Menschen getötet und seinen Heimatplaneten vernichtet. Nach seinem plötzlichen Selbstmord hören die seltsamen Ereignisse nicht auf, Clark Kent wird als Superman enttarnt und muss nun um das Leben seiner engsten Freunde und Arbeitskollegen bangen – zurecht, wie sich nach einem Angriff von durch Metallo manipulierten Mitbürgern zeigt. Gemeinsam verschanzt man sich in der Festung der Einsamkeit, wo in der arktischen Kälte ein Erzfeind von Superman lauert, um ihn endgültig zu vernichten.


Gemeinsam mit dem langjährigen und definitiven Superman-Zeichner Curt Swan, der diesen Zweiteiler als seinen eigenen Abschied zelebrieren durfte, hat Alan Moore sowohl eine klassisch inszenierte Superhelden-Story als auch eine brillante Elegie über das Ende einer Ära geschrieben. Trotz mehrerer Tote, die sich im Verlauf der Handlung aufstapeln, beschleicht den Leser nie auch nur das leiseste Gefühl dass hier Effekthascherei oder unnötige Brutalität betrieben wird; vielmehr illustrieren sie die Tragik des edlen Helden, der komplett aus seiner Zeit gefallen und in der sich rasch und nicht zum Guten ändernden Welt ein wandelnder Anachronismus ist. Und mehr denn je ein Fremder, ein Ausgestoßener. Ebenso wie jeder, der in seinem Leben nur einen einzigen Comic liest, am besten "Watchmen" wählen sollte, muss auch der größte "Supie"-Hasser wohl oder übel zu dieser Story greifen, denn sie spiegelt die Essenz und Tragik des Charakters Superman meisterlich wider wie keine andere. So wie Miller im wahrsten Sinne des Wortes die ultimative Story des Dunklen Ritters schuf, hat Alan Moore sowohl mit "Watchmen" als auch mit "Whatever Happened to the Man of Tomorrow?" für das Ende alles Superheldischen herbeigeschrieben. Und legte doch auch einen ersten Grundstein für eine Erneuerung – schließlich warten noch unzählige Geschichten darauf, erzählt zu werden.


Und zwar auch im zweiten Teil dieses Bandes, in dem noch zweite weitere Schmankerl entdeckt werden wollen. Zuerst kommt es zu einem Crossover mit Swamp Thing, für dessen Serie Moore eine klassische Strecke abgeliefert hat. "Die Grenze des Dschungels" zeigt uns einen von Fieberträumen geplagten, unrasierten Clark Kent, der mit dem Auto in den Süden der USA fährt. Ausgelöst durch eine außerirdische Lebensform auf einem von Wissenschaftlern entdeckten Meteroritenteil, hat er seine Kräfte und Unverwundbarkeit verloren und gerät ins Reich des mysteriösen Swamp Thing. Zu Beginn von "Das Geschenk" treffen Batman, der neue Robin Jason Todd und Wonder Woman in der Festung der Einsamkeit auf einen apathischen Superman mit einem Symbiont auf der Brust. Dieses Wesen, vom schurkischen Mongul eingepflanzt, erfüllt seinem Wirt dessen größten Wunsch. In Supermans Fall ist das die Tatsache, dass Krypton nicht untergegangen ist und er dort mit Frau und Kind lebt…


"Die Grenze des Dschungels" und "Das Geschenk", die das Moore’sche Ouvre bezüglich des Manns aus Stahl vervollständigen, sind weit mehr als bloße Füller, um beim Leser eine höhere Seitenzahl herauszuschinden. Die Ausgangssituation für Superman ist bei den zwei Storys zwar eine gänzlich andere, doch ähneln sich die grundsätzlichen Motive durchaus. Hier wie da wird der übermenschliche Held von Träumen übermannt, die nur allzu menschlicher Natur sind – seien es durch eine extraterrestrische Lebensform ausgelöste Phantastereien im Fieberwahn oder die scheinbare Illusion eines glücklichen Lebens, die durch einen unfreiwilligen Untermieter erzeugt werden. Die große Kunst Alan Moore ist es, die in Endlosschleifen laufenden Superhelden-Erzählungen durch solch erzähltechnisch großartige Veredelungen auf ein völlig anderes Level zu hieven.



# # # Andreas Grabenschweiger # # #





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