Der Tod hat viele Gesichter, einige lernen wir hier kennen und manche lehren uns das Fürchten.
Der Mensch fürchtet viele Dinge: Die Dunkelheit, andere Menschen, Geister, Monster und andere Ungeheuer, das Übernatürliche, das Leben an sich und über alle Dinge hinaus natürlich den Tod. Anders geht es auch den Figuren dieser Geschichtensammlung nicht. So unterschiedlich sie sind, so ähnlich ist sich ihr Schicksal. Sie alle machen Bekanntschaft mit dem Tod. So wird so manchem das Leben von einem Vampir ausgesaugt, ein anderer wird selbst zum Priester des Todes, ein anderer verbindet sein Schicksal mit einer Meerjungfrau. Wie es sich für das 19. Jahrhundert gehört, stehen Blut und Horror nicht im Vordergrund. Der Grusel findet eher auf psychischer Ebene statt, man soll zum Nachdenken gebracht werden. "Morbide Erzählungen um 1900" verspricht der Einband.
"Priester des Todes", herausgegeben von Frank Rainer Scheck, enthält 24 Geschichten, darunter einige sehr bekannte, ein sehr langes Vorwort und sehr ausführliche Beschreibungen zu den einzelnen Autoren. Das Vorwort versucht die Dekadenz der deutschen Phantastik zu erläutern und eine Brücke zu den einzelnen enthaltenen Geschichten zu schlagen. Man muss es aber nicht gelesen haben, um die nachfolgenden Geschichten genießen zu können. Hochkarätige und äußerst bekannte Autoren wechseln mit solchen, von denen noch nicht jeder gehört hat, ab. Thomas und Heinrich Mann oder Alfred Döblin sind ein paar prominente Beispiele.
Die einzelnen Geschichten sind so unterschiedlich wie ihre Autoren. Manche fesseln, andere faszinieren und einige erfordern mehrmaliges Lesen, um wirklich etwas damit anfangen zu können. Im Großen und Ganzen ist die Auswahl durchaus gut gelungen und zeigt dem Titel entsprechend den Facettenreichtum der deutschen Literatur um die Wende zum 20. Jahrhundert. Jeder ist zum Schmökern eingeladen und kann sicherlich seine Lieblingsgeschichte und persönliche Highlights finden.
# # # Kathrin Schauer # # #