Wer mit dem Kinofilm auf den Geschmack gekommen ist, der bekommt mit "Thor: Für Asgard" eine Comic-Erzählung geboten, die außerhalb der Kontinuität des Marvel-Universums steht und somit gut für einen Einstieg in die Welt des Donnergottes geeignet ist.
Die von Robert Rodi geschriebene und von Simone Bianchi illustrierte Geschichte wirft den Leser gleich zu Beginn knietief in die nordische Mythologie, erklärt aber alle Begriffe von Birfröst bis Valhalla in wunderbar gestelzten Erläuterungsdialogen – also keine Bange. Das Götterreich Asgard steckt in einer Krise, gegen die die Finanzprobleme der USA und Griechenlands wenig dramatisch wirken: Es herrscht ewiger Winter, Göttervater Odin ist verschollen und Thor bekommt seinen Hammer Mjölnir nicht hoch. Das Volk hat schon lange die Geduld verloren und revoltiert, und auch die herrschenden Götter sind durch Streit und Intrigen untereinander gespalten. An Thor liegt es nun, diese finstere Stunde zu bewältigen und dabei seine Identität zu finden.
Leider ist Rodis Geschichte letztendlich nicht besonders gelungen. Sie schleppt sich recht zäh dahin, viele Handlungsstränge werden begonnen und Konflikte eröffnet, die am Ende nicht oder nur unbefriedigend zu Ende geführt werden. Für die Charakterisierungen und Dialoge benötigt man als Leser außerdem eine extrem hohe Toleranz für schwülstiges Pathos. Apropos schwülstiges Pathos: Bianchis barocker, überladener, gemäldehafter Zeichenstil ist eine klare Love-It-Or-Hate-It-Angelegenheit. Natürlich ist das Ganze schön anzusehen, aber auch etwas unübersichtlich und stellenweise ganz schön kitschig. Was man natürlich damit verteidigen könnte, dass es immerhin zum Inhalt passt.
Fans nordischer Mythen könnten mit "Thor: Für Asgard" ihre Freude haben, einfach aufgrund der zahlreichen daraus verwursteten (oder sagen wir: zitierten) Elemente. Auch jenen Lesern, die Simone Bianchis Arbeiten mögen, kann dieses Buch bestimmt einiges bieten. Wer allerdings auf der Suche nach einer guten, spannenden Geschichte mit interessanten Charakteren ist, der wird sich nach der Lektüre etwas unbefriedigt fühlen.
# # # Andreas Dobersberger # # #