Die begierigen Wesen der Nacht streifen weiter durch die amerikanische Geschichte und kollidieren mit dem American Way of Life. "American Vampire“ rückt den Vampirmythos zurück ins richtige Licht.
Im zweiten Sammelband setzt Autor Scott Snyder die Erkundung der mit Blut getränkten Pfade von Skinner Sweet, einer neuen Art des grausamen Vampirgeschlechts, und Pearl Jones, die von Sweet selbst verwandelt wurde, fort. Nachdem beide mehrere Dekaden der amerikanischen Geschichte durchlebt haben, versucht die schöne Pearl Jones in der kalifornischen Abgeschiedenheit mit dem sterblichen Henry ein beschauliches Leben zu führen, während es Sweet nach Las Vegas verschlagen hat. Er, der jetzt den Namen Jim Smoke trägt, fühlt sich in einer vor unstillbarer Begierde lechzenden Stadt wie Las Vegas pudelwohl. Als Anführer des Mobs prägt er auch die wirtschaftlichen Eckpfeiler: Prostitution und Glücksspiel. Dank dem im Bau befindlichen Hoover-Staudamm mangelt es auch nicht an Kundschaft, irgendwo müssen die 3.000 Arbeiter ja auch Dampf ablassen. Ein Umstand, der dem abgebrühten Polizeichef Cash McCogan nicht gefällt. Er musste miterleben wie sich seine Stadt von einem Wüstenkaff zu einem blühenden, grell beleuchteten Sündenpfuhl mauserte. McCogan ist mit Leib und Seele Polizist und als solcher glaubt er als unerschütterlicher Optimist an das Gute in der Menschheit und an gleiches Recht für alle - auch wenn Jim Smoke in dringenden Tatverdacht steht, in den Mord an seinem Vater verwickelt zu sein.
Als plötzlich die Leiche eines Angehörigen des Baukonsortiums ohne einen Tropfen Blut im Körper auftaucht, erhält McCogan Hilfe von zwei FBI-Agenten. Der Mordfall wirft viele Fragen auf, die beiden Agenten scheinen jedoch mehr zu wissen. McCogan bleibt die Wahrheit nicht lange verborgen und so eröffnen sie ihm, dass sie einer geheimen Gesellschaft angehören, die sich seit langem der Vampirjagd verschrieben hat. Eine Tatsache, die McCogan natürlich nicht glauben kann. Als die Mordserie weitergeht, stolpert der Polizeichef über die verstörende Wahrheit und findet sich inmitten eines uralten Vampirkonflikts, der auch vor seinen Liebsten nicht Halt macht. Aber nicht nur Skinner Sweet wird von Geistern der Vergangenheit eingeholt. Während Pearl Jones die erbarmungslose Zeit fürchtet, die ihren geliebten Henry nicht unverschont lässt, ist ihr eine alte Bekannte schon dicht auf den Fersen.
Scott Snyder schafft es, dem mittlerweile blutleeren Vampirgenre noch einige spannende Facetten abzugewinnen und im zweiten Sammelband mit einigen cleveren Storytwists zu begeistern. Auf kreative Weise verwebt er Teile der amerikanischen Geschichte und den Vampirkult ineinander, mehrere Subplots entwickeln sich auf spannende, unvorhersehbare Weise und lassen den Leser auf den letzten Seiten mit einer schockierenden Wendung durstend nach mehr zurück. Mateus Santoloucos stimmungsvolle Farbpalette ergänzt perfekt die Zeichnungen von Rafael Albuquerque, der mit kräftigen Strichen und ungewöhnlichen Perspektiven die sprachliche und inhaltliche Kraft der Geschichte hervorragend unterstreicht. "American Vampire" ist hohe Comic-Kunst und zu Recht für den Eisner Award 2011 als beste neue Serie nominiert worden ist. Ein herrliches Lesevergnügen, dass seine Fangzähne tief in die literarische Comic-Ader seiner Leser verbeißt!
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